Der zweite Untergang großmährischer
Burgstätten
ZDENĚK FARKAŠ
Das erste Drittel der dreißiger Jahre
des 9. Jahrhunderts bedeutete eine grundsätzliche Wende im Leben der Donau- und
Marchslawen. Irgendwann zwischen den Jahren 830 bis 833 formierte sich ein
Staatsgebilde, für das später in der historischen Literatur der Name Großmähren
bzw. Großmährisches Reich geprägt wurde. Nach heutigen Erkenntnissen begannen
schon in der Zeit vor Großmähren befestigte Zentren zu entstehen. Eines der
wichtigsten strategischen Gebiete Großmährens war auch das Gebiet des heutigen
Bratislava (Preßburg) mit seiner weiteren Umgebung. Das sichere Überqueren von
March und Donau ermöglichten Furte unterhalb der heutigen Burg Bratislava, im
heutigen Devínska Nová Ves und bei Devínske Jazero. Die slawischen Strategen
waren sich der Wichtigkeit der Straßen, die durch das heutige Bratislava
führten, bewusst. Daher entstanden hier auf den Trümmern älterer Befestigungen
wichtige großmährische Festungen, und zwar über dem Zusammenfluss von March und
Donau sowie über der Donaufurt. Die zwei wichtigsten Burgstätten wurden von
kleineren Befestigungen ergänzt, die wichtige Straßenzüge kontrollieren und
schützen sollten. Die großmährische Fortifikation im Zentrum von Devínska Nová
Ves auf einem mäßigen Felsvorsprung über der Mündung des Baches Mláka (Stupavský
potok) in die March hatte offensichtlich schon in der Römerzeit einen Vorgänger.
Zwei weitere Burgstätten baute man auf einem Vorsprung des Berges Devínska
Kobyla.
Die Blüte der ersten Burgstätte auf dem deutlichen Hügel mit dem
Namen Na pieskoch, Pieskovec bzw. Sandberg wird aufgrund der Funde von
Keramikbruchstücken in das 9. Jahrhundert datiert. Nach Erdarbeiten Anfang der
sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts blieb von ihr ein Teil des südlichen
Grabens erhalten. Die um etwas niedriger gelegene Burgstätte Nad lomom bzw. Na
skale kontrollierte direkt den Übergang neben der March, aber auch über den
Sattel des Piesočník in Richtung zum Devín. Bei einer archäologischen Grabung
wurden unter anderem Reste von zwei Behausungen gefunden, von denen eine in das
9. Jahr und die andere in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts datiert werden
kann. Obwohl die Burgstätte bislang gut sichtbar ist im Gelände, fallen
gegenwärtig ganze Teile davon durch einen unorganisierten Aufbau von Eigenheimen
zum Opfer.
Der schrittweise Niedergang der Befestigungen aus der Zeit
Großmährens ist heute um so tragischer, als die Archäologen häufig Vorwürfe und
Beschwerden anhören müssen, dass in der Slowakei keine ausreichende Menge
repräsentativer Funde aus dem 9. Jahrhundert zur Verfügung steht, die in Zahl
und Qualität vergleichbar wären mit dem benachbarten Mähren. Dafür müssen
bedeutende und potentiell erforschbare Standorte aber unbedingt wirksam
geschützt werden.
Münzschatz aus Svätý Jur
MAREK
BUDAJ – PETER NAGY
Zu den Sammlungen des Archäologischen Museums des SNM ist
ein Schatz von 845 Münzen hinzugekommen, der bei einer Grabung um die
Jahreswende 2004/2005 entdeckt wurde, die in Svätý Jur durchgeführt wurde. Die
Münzen wurden im Karner der unweiten Kirche St. Georg gefunden. Den größten Teil
des Fundes bilden heimische, also ungarische Prägungen, von denen die Denare von
Ferdinand II. aus der Kremnitzer Münze von 1626 am zahlreichsten vertreten sind.
Sie tragen keine Spuren eines längeren Umlaufs, und so ist offensichtlich, dass
sie sehr bald, nachdem sie in Umlauf gebracht wurden, verborgen wurden. Von den
tschechischen Prägungen bilden eine relativ große Anzahl die Prager Groschen von
Vladislav II. (1471 – 1516) und Ferdinand I. (1526 – 1564), die in unseren
Funden relativ selten sind, ähnlich die Taler aus der Zeit Ferdinand II.,
geprägt in den Münzanstalten von Prag, České Budejovice bzw. Kutná Hora. Im Fund
waren auch Münzen aus wenig bekannten regionalen Gebieten bzw. dem Bistum Chur,
der Stadt Konstanz, bzw. aus dem Gebiet Ostfriesland vertreten, wertvoll sind
auch Stadtprägungen aus Straßburg bzw. Taler aus den spanischen Niederlanden
oder Spanien selbst. Eine immense Bedeutung haben auch Prägungen des Salzburger
Erzbistums, wo fast alle Jahrgänge der Prägungen Salzburger Erzbischöfe,
beginnend mit Erzbischof Leonard Keutschach (1495 – 1519) und endend mit Marcus
Sittic (1612 – 1619) enthalten sind. Auch unter den polnisch-schlesischen Münzen
fanden sich relativ wertvolle Prägungen, z.B. Regierungsmünzen Ferdinands I.
oder 24-Kreuzerstücke Ferdinands II. Es überraschen auch nicht die zahlreichen
Münzen aus den österreichischen Gebieten angesichts der engen Verbindung mit
unseren Ländern schon seit dem Mittelalter. Teil des Schatzes war auch ein
kleiner Siegelstock, an dem eine Brezel, an beiden Seiten je ein Sternchen und
die Buchstaben S S dargestellt waren.
Funde mit ähnlicher Zusammensetzung
gelangten wie im Fall Svätý Jur auf unser Gebiet vor allem während des
Dreißigjährigen Krieges. Versteckt wurde der Schatz offenbar im Jahr 1626, was
am ehesten mit dem Aufstand von Gabriel Bethlen in Verbindung gebracht werden
kann. Ein Teil der niederländisch-dänischen Truppen unter Führung des Generals
Peter Ernst von Mansfeld sollte in Ungarn mit Behtlen zusammentreffen. Der
Befehlshaber der Habsburger Truppen Albrecht von Wallenstein hielt sich
ebenfalls im September bis Dezember 1626 mit dem Großteil seiner Armee auf dem
Gebiet der heutigen Slowakei auf und am Ende des Feldzuges vom 18. November bis
12. Dezember 1626 hatte er vorübergehend das Stabsquartier im unweiten Modra
errichtet. Da die Soldaten wegen des Proviants häufig auch Svätý Jur aufsuchen
mussten, konnten sie das Geld für den Einkauf bei dem einheimischen Produzenten
gelassen haben (da hier auch der Siegelstock gefunden wurde, konnte es der
hiesige Bäcker gewesen sein). Die Umstände des Versteckens des Lederbeutels mit
einer größeren Summe können wir auch unter einem anderen Gesichtspunkt
betrachten. Derjenige, der ihn versteckte, rechnete wohl damit, dass ihn
zwischen den Knochen niemand suchen würde. Die Tatsache, dass die hohe Summe an
Ort und Stelle blieb, zeugt davon, dass das Jahr 1626 tatsächlich bewegt
war.
Beglaubigungsorte
RICHARD
MARSINA
In der ältesten Phase der gesellschaftlichen Entwicklung wurden
Rechtshandlungen und Rechtsverkehr in mündlicher Form abgewickelt. In der weiter
entwickelten Phase der gesellschaftlichen Entwicklung ging man zur schriftlichen
Fixierung der Beziehungen über. Im Königreich Ungarn begann sich das
regelmäßigere schriftliche Erfassen von vermögensrechtlichen Übertragungen im
weltlichen Bereich erst ab dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts
durchzusetzen und kam dann im Laufe des 13. Jahrhunderts voll zum Tragen. Für
diese Erfordernisse entstand das Institut der Beglaubigungsorte (loca
credibilia), die bis ins dritte Viertel des 19. Jahrhunderts öffentliche Notare
ersetzten. Beglaubigungsorte im Königreich Ungarn waren das einzige spezifische
Institut, das in Europa ohne Beispiel war. Schon spätestens an der Wende des 12.
und 13. Jahrhunderts bestand im ungarischen Landesrecht gerade der entwickelte
Begriff des sogenannten authentischen Siegels. Neben dem königlichen Siegel
galten auch die Siegel bedeutender Kircheninstitutionen als authentisch. Deshalb
war die Verwaltung der Beglaubigungsorte von Anfang an den Kapiteln und
Konventen anvertraut. Obwohl Beglaubigungsorte faktisch und praktisch bei
Kircheninstitutionen tätig waren und ihre Urkunden unter ihrem Namen
ausfertigten, gehörte ihre Tätigkeit in den Wirkungsbereich des ungarischen
weltlichen Landesrechts. Die Entstehung der Beglaubigungsorte im Königreich
Ungarn kann man mit dem Verfall der sogenannten Pristaldie in Zusammenhang
bringen. Bis ins erste Drittel des 13. Jahrhunderts war es üblich, die
Durchführung vermögensrechtlicher Übertragungen durch eine speziell damit
betraute Person, genannt (lateinisch) pristaldus bezeugen zu lassen; der Name
Pristald(us) ist wahrscheinlich aus dem kroatischen Wort pristav entstanden, das
einen Teilnehmer, einen Menschen bezeichnet, der dabei war. Kam es zu einem
Vermögensstreit, dann musste derselbe Pristald die Berechtigung der betreffenden
vermögensrechtlichen Übertragung glaubwürdig bezeugen. Die Tätigkeit der
Beglaubigungsorte war schon seit dem 13. Jahrhundert auf dreierlei Dinge
gerichtet: das schriftliche Erfassen einer Rechtshandlung auf Wunsch (privater)
Parteien oder Obrigkeiten; auf Wunsch der Obrigkeiten waren sie Zeugen und
Ausführende der Amtshandlung und gaben darüber einen schriftlichen Bericht ab;
sie bewahrten die ihnen durch Privatpersonen oder Obrigkeiten anvertrauten,
beziehungsweise doppelt ausgefertigten Schriftstücke und fertigten auf Ansuchen
beglaubigte (verifizierte) Abschriften davon an. Aus der Sicht der Urkundenlehre
(Diplomatik) kennen wir schon aus dem 13. Jahrhundert drei Urkundenarten der
Beglaubigungsorte. Das waren Privilegien, die mit einem angehängten Siegel
versiegelt wurden und deren Gegenstand vorwiegend vermögensrechtliche
Übertragungen waren; offene Briefe – Patente mit auf dem Rücken aufgedrücktem
Siegel; verschlossene Briefe mit Verschlusssiegel, von denen die meisten
Relationen (Mitteilungen) bildeten.
Der territoriale Wirkungsbereich der
einzelnen Beglaubigungsorte stabilisierte sich mit der Zeit so, dass die
Beglaubigungsorte bei den Domkapiteln öffentliche Notarfunktionen auf ihrem
Kirchenterritorium (Diözese oder Archidiakonat) und in den daran angrenzenden
Komitaten ausüben konnten, und die konventualen Beglaubigungsorte der Orden
(Klöster) in dem Komitat, in dem ihr Sitz war, und in den daran angrenzenden
Komitaten. Somit hatte jeder die Möglichkeit, sich an mehrere Beglaubigungsorte
zu wenden. Die ältesten Belege für die Tätigkeit eines Beglaubigungsortes in der
Slowakei stammen aus Nitra (1229), Bratislava (1236), Spiš (1245), Jasov (1247),
Turiec (1251), Šahy (1255), Hronský Svätý Beňadik (1302), Zobor (1333). Die
Tätigkeit der Beglaubigungsorte im Königreich Ungarn wurde mit dem Artikel 35
über königliche öffentliche Notare im Jahr 1874 endgültig aufgehoben.
Sommersitze der Bürger von
Trnava
JOZEF TIHÁNYI – IVAN GOJDIČ
Etwa sechs Kilometer
nordwestlich von Trnava, an der Straße, die die Stadt mit den Weinorten im
Vorgebirge der Kleinen Karpaten verbindet, liegt der Ort Suchá nad Parnou.
Unmittelbar davor befinden sich nördlich oberhalb der Straße in Richtung von
Trnava lange Hügel, welche die Täler genannt Ružová und Vlčia dolina bilden.
Die Bürger von Trnava besaßen schon im 14. Jahrhundert Weingärten in der
Gemeindeflur von Suchá nad Parnou. In ihren Weingärten bauten sie sich zunächst
nur Winzerhütten. Es ist anzunehmen, dass einige der noch stehenden Objekte in
ihrem Kern bis ins 18. Jahrhundert reichen, als es hier vor allem gerade um
Produktionsräume ging. An die Umbauten in Sommersitze und an den Aufbau neuer
Hütten ging man irgendwann nach der Mitte des 19. Jahrhunderts heran.
Im
Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wechselten fast alle Objekte ihre
Besitzer und gleichzeitig auch ihre Funktion. Sie gingen entweder ganz ein oder
ihre späteren Besitzer bauten sie nach dem Verlust der ursprünglichen Funktion
verhältnismäßig radikal um. Aus ihnen wurden übliche dörfliche
landwirtschaftliche Wohnhäuser, Ende des Jahrhunderts wurden aus einigen von
ihnen (wieder) Wochenendhütten. Gegenwärtig sind nur einige Objekte erhalten,
die ihre ursprüngliche Funktion repräsentieren.
Die Kapelle der Familie Sztáray in
Michalovce
JANA POHANIČOVÁ
Der deutsche Architekt Friedrich
Wilhelm (bzw. Frigyes Vilmos) Fröde wirkte in den Jahren 1869 – 1880 als
Stadtarchitekt in Wien und war danach meist im Osten unseres Gebietes tätig. In
den Jahren 1880 – 1896 leitete er parallel die Bauarbeiten an der Erneuerung des
Doms von Košice und der Pfarrkirche St. Ägidius in Bardejov und 1894 auch der
Pfarrkirche in Sabinov. Weniger bekannt ist seine Beteiligung an kleineren
Bauten, wie der Grabstätte der Familie Sztáray in Michalovce. Ihre Form gilt in
der Fachliteratur als freie Kopie der gotischen Kapelle St. Michael in Košice,
deren erste Erneuerung (beendet 1885) gerade von Fröde geleitete wurde. Die
Kapelle in Michalovce ließ der Angehörige eines der einflussreichsten
Adelsgeschlechter in der Region Zemplín, Graf Anton Sztáray (1839 – 1893) bauen.
Seine bedeutende Position am Bischofsamt in Košice ermöglichte ihm Kontakte mit
Architekten – Restauratoren, die an der Erneuerung des Doms und der Kapelle St.
Michael beteiligt waren.
Das historische Theatergebäude in Prešov
DARINA PETRANSKÁ
Das alte Theater in Prešov, das der Architekt
Michal Repaszký in den Jahren 1879 – 1881 erbaute, ist als eines von acht
historischen Theatergebäuden in der Slowakei erhalten. Wenn wir diese Theater
unter dem typologischen Aspekt untersuchen, können wir sagen, dass es außer
einer gewissen Abweichung im Falle des Adelstheaters der Familie Erdődy in
Hlohovec von 1802, bei allen anderen in Bratislava, Trnava, Martin, Košice,
Prešov, Levoča, Spišská Nová Ves übereinstimmend um den architektonischen Typ
einer Guckkastenbühne geht. Bei diesem Typ wird meist ein hufeisenförmiger
Grundriss für den Zuschauerraum gewählt (in feinen Modifikationen), im Parterre
mit Sesselreihen und Logen und Rängen, situiert am Außenrand des Parterres.
Häufig sind mehrere Rang- und Logenreihen übereinander angeordnet. Ein wichtiges
architektonische Element der Guckkastenbühne ist das Theaterportal. Es trennt
den Zuschauerraum von der Bühne und begrenzt den Sichtwinkel, die Schauöffnung
für den Zuschauer. Aus einem Teil der Logen in der Nähe des Portals und der
oberen Ränge ist die Sicht der Bühne verzerrt, was ein Handicap dieses
Theatertyps ist.
Die Entwicklung des Theatergebäudes im 19. Jahrhundert
führte diesen Bautyp zu den klassischen architektonischen Formen hin, die
einerseits die Forderungen der grundlegenden dramatischen Gattungen
vergegenständlichten, aber gleichzeitig widerspiegelte ihr
architektonisch-gestalterischer Apparat zeitgenössische künstlerische Trends.
Der Schöpfer des Theaters von Prešov übernahm die Grundlage der Guckkastenbühne
und reduzierte sie für die Erfordernisse der Wanderbühne, des Provinztheaters.
Musikalische Motive an Zipser Orgeln aus dem
17. Jahrhundert
KATARÍNA CHMELINOVÁ – JANA
KALINAYOVÁ-BARTOVÁ
Die repräsentative Gestaltung des Instruments und der
Reichtum seiner Ausschmückung waren ein Ausdruck der führenden Position der
Orgel in der Hierarchie des sakralen Mobiliars. Im Laufe des 17. Jahrhunderts
begann bei uns in der Ausschmückung der Orgelprospekte die Schnitzkunst zu
dominieren. So wie bei Altären arbeiteten die Autoren hauptsächlich mit
Architekturelementen. Die ornamentale Ausschmückung wurde häufig mit einer
figuralen Dekoration kombiniert, in der auch musikalische Motive ihren Platz
hatten.
Die Figuren spielender Engel sind das häufigste Motiv, das in der
Ausschmückung der Orgelgehäuse und Prospekte auftaucht. Die Engelsmusik hatte
aber nicht nur eine dekorative Funktion, sondern war gleichzeitig Träger
symbolischer Bedeutungen, die mit ihrer Tradition bis in die ersten Jahrhunderte
des Christentums zurückreichen. Die an vielen Prospekten befindlichen Figuren
Trompete blasender Engel haben ihren Ursprung in der Darstellung des Jüngsten
Gerichts und apokalyptischer Visionen (vor allem die Erscheinungen des hl.
Johannes), ihr symbolischer Sinngehalt hat sich leicht von den Kontexten der
Verkündigung und Ausübung der Gerechtigkeit Gottes an den Sündern in die Ebene
der Verbreitung der Stimme Gottes vom Himmel auf die Erde verschoben. Dieser
Bedeutung entsprach auch ihre Positionierung meist an den obersten Türmen des
Prospekts. Die trompetenden Engel als Vermittler von Gottes Wort wurden so ein
Teil der Symbolik der Himmelsliturgie.
Musikalische Motive in der figuralen
Ausschmückung der barocken Orgeln sind neben spielenden Engeln an die Figuren
biblischer Musiker gebunden. Die wichtigste Stellung unter ihnen nahm König
David ein. David taucht an Zipser Barockorgeln, aber auch andernorts in der
Slowakei und Europa mit der Harfe auf, die zu der Zeit schon sein
unabänderliches Attribut war, jedoch nicht der historischen Tatsache entspricht.
Das Instrument, auf dem David die Zuhörer durch sein Spiel entzückte, war
vermutlich eine Lyra. Zur Vertauschung der Instrumente trugen zwei griechische
und lateinische Bibelübersetzungen bei.
Die Situierung Davids außer der
zentralen vertikalen Achse des Orgelprospekts verlangte bei dem symmetrischen
Konzept des Aufbaus dieser Instrumente die Hinzufügung eines figuralen Pendants
zu ihm. Im katholischen Milieu war dieses vor allem die heilige Cäcilie, die als
Schutzpatronin der Musiker galt. In der evangelischen Gemeinschaft, die den
Heiligenkult ablehnt, wurden Figuren aus dem Alten Testament bevorzugt.
Mit
dem Reichtum des ornamentalen und figuralen Schnitzschmucks ragen unter den
Orgeln bei uns vor allem die Werke der nordöstlichen Slowakei, der Gebiete Spiš
(Zips) und Šariš (Scharosch) heraus.
Unbekannte Wappen an den Altären in
Bratislava
JANA ORŠULOVÁ
Die Vorbereitung eines neuen
Denkmalverzeichnisses in der Slowakei begleitet die Revision des Registers der
mobilen nationalen Kulturdenkmäler in bekannten sakralen Objekten von
Bratislava. Bei der Bilddokumentation der Hauptaltäre wurden in der frühbarocken
Kirche der hl. Maria Magdalena in Rusovce und in der St. Nikolaus-Kirche in
Bratislava von 1661 Familienwappen entdeckt, die wegen der Unzugänglichkeit und
schwierigen Dokumentierbarkeit bisher weder beschrieben noch identifiziert
worden sind.
Der interessanteste Teil des Altarschmucks der ersten Kirche
ist eines von drei Wappen an der Kartusche am Hauptaltar, das bisher bei der
Beschreibung der künstlerischen Ausschmückung überhaupt nicht als Familienwappen
angeführt wurde, vielleicht deshalb, weil der Anker in der Kirchensymbolik das
Attribut der Hoffnung und Glaubensstärke ist. Ich habe ihn als Wappen des
Adelsgeschlechts Stubenberg identifiziert: auf einem schwarzen Schild befindet
sich ein umgekehrter silberner (weißer) Anker mit einem durch einen Ring
gefädelten goldenen Seil. Die Stubenbergs sind ein Adelsgeschlecht, das aus der
Steiermark stammt. Seit 1655 lebten und besaßen sie Besitztümer auch schon in
Ungarn (Lokalität Székelyhíd, südöstlich von Debrecín im Komitat Bihar). Die
Schutzpatrone des Kirchenbaues, die Mitglieder des Geschlechts Zichy, schlossen
mehrere Male Ehebünde mit den Frauen des Geschlechts Stubenberg.
Ich nehme
an, dass die Spenderin mit größter Wahrscheinlichkeit unter den direkten
Nachfahren der Eheleute – der Baumeister der Kirche zu suchen ist.
Die
Kirche St. Nikolaus auf der Bratislavaer Vorburg ließ die Witwe von Paul Pálffy
(1589 – 1655) Gräfin Franziska, geborene Khuen († 1672) erbauen. Paul Pálffy war
ein bedeutender Adeliger, dessen Karriere ihren Höhepunkt im Dienste der
Habsburger fand. Er erreichte die höchsten Funktionen in der Landesverwaltung.
Die Familiensteinwappen des Ehepaars Pálffy (Pálffy und Khuen) runden zusammen
mit der Plastik des Schutzpatrons der Kirche St. Nikolaus die Ausschmückung des
Eingangsportals ab.
Die Wappen auf der Kartusche am Hauptaltar habe ich als
Wappen von Johann Anton Pálffy (1642 – 1694, Bratislava), des ältesten Sohnes
des Bauherren und seiner ersten Gemahlin Agnes (andere Angabe: Anna Mária
Nádasdy de Nádasd († 1683) identifiziert. Die Allianzwappen der Eheleute Pálffy
konnten hier während der Jahre 1668 (Eheschließung) bis 1683 (Tod der Ehefrau),
vielleicht erst nach dem Tod der Witwe von Paul Pálffy, Franziska, geborene
Khuen († 1672), spätestens jedoch 1685 angebracht worden sein, als Johann Anton
zum zweiten Mal heiratete. Die Identifizierung der Wappen in St. Nikolaus hat
also nicht nur die Spender des Altars, sondern relativ genau auch die Zeit
seiner Entstehung in einer Spanne von etwa fünfzehn, vielleicht nur elf Jahren
bestimmt.
Spanische Kunst aus slowakischen Sammlungen
PAVEL ŠTĚPÁNEK
Im Sommer 2005 waren in einer Ausstellung im
Schloss Bojnice größtenteils Kunstwerke versammelt, die in slowakischen
Sammlungen spanischen Künstlern zugeschrieben werden. Die größte Kollektion ist
zweifellos die Malerei, Plastik und Keramik auf der Burg Červený Kameň. Das
bekannteste Porträt aus dieser Sammlung ist das von Philipp III., eine
Werkstattvariante des Porträts Philipps III. aus dem Königspalast in Madrid,
dessen Autor einer der Maler aus der Werkstatt des Hofmalers Juan Pantoja de la
Cruz aus der Zeit um 1603 ist.
Die wichtigsten Beispiele der spanischen
Malerei des 17. Jahrhunderts sind jedoch die Bilder aus der Slowakischen
Nationalgalerie. Ein unzweifelhaftes Beispiel eines Madrider Gemäldes aus der
Zeit um 1640 ist die Allegorie des Monats Mai (Stillleben mit Früchten, Gemüse
und Blumen) von Antonio Barrera. Zwei weitere Bilder, zufällig mit einer
Murilla-Inspiration, stammen aus der Sammlung von J. V. Novák aus Prag, der sie
1904 in Barcelona erwarb. Es handelt sich um die das Kind umarmende Madonna,
eine relativ getreue Umschrift des Bildes von Murilla, bekannt als Madona della
Sedia. Das zweite Werk ist die Rast auf der Flucht nach Ägypten.
Das Museum
Bojnice besitzt drei interessante Bilder. Von zweien nehmen wir an, dass ihr
Autor der Maler Luis Tovar aus Granada. Das dritte Bild ist die Madonna im
Blumenkranz, deren entfernter Ausgangspunkt Brueghels, und überhaupt, flämische
Bilder sind, dessen Farbgestaltung und die leichte Handschrift jedoch auf den
Madrider Nachfolger des besten spanischen Blumenmalers Juan de Arrellana
verweisen.