Das bronzezeitliche Gräberfeld bei Nižná Myšľa
Das Gräberfeld an der berühmten archäologischen Fundstelle bei der ostslowakischen Gemeinde Nižná Myšľa nimmt den obersten Teil der flachen Anhöhe Várhegy ein. Eine systematische Untersuchung der Fundstelle eröffnete hier im Jahre 1977 das Archäologische Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften in Nitra und seit 1988 wird die Forschung in Kooperation mit Angestellten des Ostslowakischen Museums in Košice fortgesetzt. Während 36 Grabungskampagnen untersuchte man ungefähr eine Hälfte der Fundstelle (etwa 800 Gräber) mit einer Fläche von etwa 3,5 ha. Der Rest wartet noch darauf, ein Zeugnis über die Gesellschaft unserer Vorfahren, die vor mehr als 3 500 Jahren unterging, abzulegen.
Die ersten Gräber des Gräberfeldes wurden im Sommer 1948 entdeckt, als nach Sommergewittern ein Teil des westlichen Hangs vom Hügel herunterrutschte. Der örtliche Lehrer hat die Funde an das Museum in Košice abgegeben und der dortige Archäologe Ján Pastor besuchte die Fundstelle unverzüglich. Noch im Herbst desselben Jahres wurde hier eine Rettungsgrabung durchgeführt, die fünf relativ arme Gräber freigelegt hat. Erst 30 Jahre später hat man jedoch im Rahmen der Forschung des Archäologischen Instituts der SAW Nitra auch einen Grabungsschnitt im Raum des vermutlichen Gräberfeldes angelegt. Die Fläche des Gräberfeldes wurde dann allmählich zum wichtigsten Teil der Ausgrabungen. Parallel damit realisierte man auch Flächengrabungen in zeitgleichen befestigten Siedlungen. Wir nehmen an, dass man das Gräberfeld an der Wende vom 18. zum 17. Jahrhundert v. u. Z., d. h. in der Altbronzezeit, zu belegen begann. Die Grabstätte hing mit der älteren, kleineren befestigten Ansiedlung I zusammen. Die Bestattungsaktivität auf dem Gräberfeld hat kurz nach dem Jahre 1500 v. u. Z. plötzlich aufgehört, wegen dem Aufbau einer neuen, ausgedehnteren befestigten Siedlung II. Ein Teil der Gräber wurde beim Bau eines neuen Erdwalls und beim Ausheben des Grabens zerstört. Die Fläche, wo sich die älteren Gräber befanden, wurde ins Areal des neuen befestigten Dorfes eingegliedert. Archäologische Funde aus der Siedlung und aus dem Boden des Wehrgrabens stammen aus derselben Zeit wie die Gräber, von denen es bis zu 1 000 gegeben haben könnte. Die Bestatteten hatten bei sich zahlreiche Grabbeigaben, besonders Gefäße und Schmuck. Archäologische Relikte von den beiden Fundstellen sind aus typologischer und kultureller Sicht identisch, es handelt sich um Produkte von derselben spezialisierten Handwerkern oder Werkstätten.
Einzelne Gräber auf dem Gräberfeld waren höchstwahrscheinlich mit Holzstelen markiert. Diese versicherten, dass ältere Gräber während der langen Belegungszeit durch jüngere Gräber nicht überlagert oder gestört wurden. Systematisches Ausheben der Gräber in Reihen oder abgetrennten Gruppen deutete auf die Existenz von Großfamilien in den nacheinander folgenden Generationen hin. Die Grabgruben hatten einen rechteckigen Grundriss, relativ scharfe Ecken, fast senkrechte Wände und einen Flachboden. Die Verstorbenen legte man auf den Boden in Hockerlage mit dem Gesicht nach Osten. Die Frauen und Mädchen – bis auf einige Ausnahmen – lagen immer auf der linken Seite in nord-südlicher Richtung, die Männer und Jungen dagegen auf der rechten Seite in Richtung Süden-Norden. Die qualitativen und quantitativen Unterschiede in der Grabausstattung signalisieren die Aufteilung der Gesellschaft in drei Hauptgruppen: die oberste Gesellschaftsschicht, die überwiegende mittlere Klasse und die Gruppe von untergeordneten oder abhängigen Personen.
Ján Beljak – Noémi Beljak Pažinová – Michal Šimkovic
Die Untere Burg Pustý hrad in Zvolen
Die Burgruine Pustý hrad (Wüste Burg) oberhalb der Stadt Zvolen befindet sich auf zwei Gipfeln eines gleichnamigen Hügels südwestlich des Stadtzentrums von Zvolen. Der ausgedehnte Burgkomplex besteht aus der Oberen Burg (3,5 ha), Unteren Burg (0,7 ha) und einem Verbindungsteil mit einer Fläche von 0,5 ha. Die moderne Forschung begann hier in den 1990er Jahren auf der Oberen Burg, heutzutage konzentrieren sich die Forschungsaktivitäten auf die Untere Burg. Seit 2009 findet auf der Unteren Burg jeden Sommer eine archäologische Ausgrabung des Archäologischen Instituts der SAW, Zweigstelle Zvolen statt. Einen Teil dieser Ausgrabungen bildet auch die internationale archäologische Sommerschule, die von der Abteilung für Archäologie der Konstantin-Philosoph-Universität in Nitra organisiert wird und an der jährlich mehr als 100 Studenten, vor allem der mitteleuropäischen Universitäten, teilnehmen.
Die Untersuchung der Unteren Burg wird als eine Flächengrabung unter Anwendung der Quadrantenmethode durchgeführt, wo die einzelnen Quadranten 5 x 5 m groß sind. Sämtliche Funde werden nach einzelnen Quadranten aufgenommen, was die anschließende Raumanalyse deren Vorkommens in einzelnen Perioden ermöglicht. Von Anfang an stand im Zentrum des Forschungsinteresses ein massiver Wohnturm am südlichen Ende des Hofs der Unteren Burg, der sich beinahe an der höchsten Stelle des Areals befindet (477 m ü. d. M.). Die archäologische Ausgrabung hat ein nach dem anderen weitere Objekte freigelegt – die Wehrmauer der Befestigung und die Eingangstore. In den Jahren 2009 – 2013 konnte man mehr als 2 000 m2 der Fläche des Hofs mit dem Wohnturm an der äußeren Befestigung und an der sog. Verbindungsmauer untersuchen. Gleichzeitig begann auch die allmähliche Sanierung der freigelegten Architektur, sämtliche ergrabene Mauern wurden in der ersten Etappe mit Pultdächern bedeckt. Die Ausgrabung im Areal der Unteren Burg erfasste prähistorische Besiedlung, die durch vereinzelte Befundreste repräsentiert wurde. Jung- und spätbronzezeitliche Funde sind vor allem im südwestlichen Teil des Areals häufig, während die spätsteinzeitlichen Funde im mittleren und nördlichen Drittel der Fundstelle überwiegen. Den ältesten Teil des mittelalterlichen Burgkomplexes bildete ein Wohnturm, der an der höchsten Stelle der Oberen Burg am Ende des 12. Jahrhunderts erbaut wurde. In die ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts kann man die Entstehung des Wohnturmes der Unteren Burg datieren; untergegangen ist er vermutlich schon in den ersten Dekaden des 14. Jahrhunderts. Auf dem Gebiet historischen Ungarns kommen Wohntürme von außergewöhnlichen Ausmaßen auf königlichen Burgen vor. Zvolen war im Mittelalter ein Ort, wo oft und manchmal auch langzeitig ungarische Könige, vor allem diejenigen aus dem Hause der Árpáden, verweilt haben. Die Obere Burg entstand anhand bisheriger Forschungen als ein Verwaltungssitz des Komitates Sohl. Der Turm der Unteren Burg hatte allem Anschein nach die Funktion einer gelegentlichen königlichen Residenz. Ähnlich dem Zvolener Turm sind vor allem die eckigen Bergfriede auf der Burg Sredny (heutige Ukraine) und der Bratislavaer Burg. Große Wohntürme in Ungarn repräsentiert der sechseckige Turm auf der Unteren Burg in Visegrád und der sog. Weiße Turm der Burg in Esztergom. In der Slowakei zählt zu ihnen der zylindrische Turm der Zipser Burg.
Krisztina Ilkó
Zur Identifikation mittelalterlicher Freskogemälde in der Kathedrale des Hl. Emmeram in Nitra
Mit den unlängst (2012) entdeckten Fresken mit Abbildung des Todes und der Krönung der Jungfrau Maria in der Kathedrale des Hl. Emmeram in Nitra befassten sich bereits die in der Revue Pamiatky a múzeá (Nr. 4/2012 und 3/2013) veröffentlichten Artikel von Jozef Medvecký und Vladimír Plekanec. Die Autorin dieses Beitrags konzentriert sich nur auf einige Aspekte – Identifikation des Stils und Datierung der mittelalterlichen Wandgemälde. Ihrer Meinung nach kann man die Wurzeln der Gemälde aus Nitra tatsächlich in der Kunst des italienischen Trecento finden. Die stilistische und ikonographische Analyse deutet jedoch darauf hin, dass der Hauptmeister der Fresko-Werkstatt aus Mitteleuropa stammte, vermutlich aus dem Nordteil des mittelalterlichen Königreichs Ungarn. Die Autorin datiert die Entstehungszeit des unteren Kirchenschiffs und der Wand mit dem Freskogemälde in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts, wann anhand der Quellen in den Jahren 1360 – 1370 die Querwand gebaut wurde. Die Besteller des Freskos könnten die Bischöfe Stephan Fraknói (Szigeti, de Insula, 1350 – 1367) oder Dominik Újhelyi (1373 – 1384) gewesen sein.
Das Gemälde befindet sich auf der Westseite der Trennwand zwischen der unteren Kirche und der romanischen Kapelle. J. Medvecký hat die Ansicht des ungarischen Kunsthistorikers Géza Entz angenommen. Der letztere datierte die Erbauung der unteren Kirche (einschließlich der obenerwähnten Wand) anhand einer Urkunde vom Jahre 1378 und der baulichen Untersuchung von Sándor Tóth, der die arkadenartige Konsole aus dem unteren Kirchenschiff mit Konsolen aus der Zeit um 1400 (die Kirche in Veszprém) verglichen hat. Diese Form entwickelte sich aber schon in den 1330er – 1340er Jahren (Predigerkirche in Erfurt, Stiftskirche in Herrenberg, Benediktinerkloster in Sázava usw.) und es handelt sich vermutlich um das erste heimische Beispiel dieser später in der Slowakei weit verbreiteten Form (Pfarrkirche in Zvolen, Kirche Hl. Nikolaus in Pukanec, Kirche Hl. Franziskus in Poniky usw.).
Was es die Ikonographie des Wandgemäldes ’Das letzte Gebet (Tod) und die Krönung der Jungfrau Maria’ angeht, handelt es sich um einen spezifischen Typ von Darstellung, der sich in der Mitte des 14. Jahrhunderts entwickelte und ausschließlich in Mitteleuropa vorkommt: in Böhmen, Schlesien, Österreich, Ungarn, Polen, Slowenien und im Südteil Deutschlands. Auf die Entstehung der Gemälde in den Jahren 1360 – 1370 verweist auch deren Stil, der neben den Fragmenten aus Varadin, Zagreb und Esztergom ein ungewöhnlich kompaktes Beispiel der Freskoausschmückung mitteleuropäischer Kathedralen des 14. Jahrhunderts darstellt.
František Gahér – Daniel Gahér
Fragmente einer Grabplatte in der Pfarrkirche von Pezinok
Die Stifter des Baus der Pfarrkirche in Pezinok anfangs des 14. Jahrhunderts waren die Grafen von Svätý Jur und Pezinok (im Folgenden nur „die Grafen“). Als Besitzer des Landgutes von Svätý Jur und Pezinok bemühten sie sich, eine würdige Stelle nicht nur zum Abhalten der Gottesdienste, sondern auch zum Bestatten der Mitglieder ihres in Pezinok ansässigen Familienzweiges aufzubauen.
Im unweiten Svätý Jur baute man eine Grabkapelle mit Krypten für den Familienzweig aus Svätý Jur in der Kirche Hl. Georg vermutlich in den 1440er Jahren. In der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Pezinok hat sich die Grabkapelle des Familienzweiges der Grafen von Pezinok nicht erhalten und nachgewiesen wurde sie erst durch die neuerliche archäologische Ausgrabung im südlichen Seitenschiff der Kirche. Sie entstand allem Anschein nach am Ende des 14. Jahrhunderts. Wie es üblich war, wurde der unterirdische Teil, die Krypta, zur ewigen Ruhe der Mitglieder dieser Familie bestimmt und der oberirdische Teil erfüllte eine Gedenkfunktion. Die Grabsteine aus diesem Teil hat man jedoch beim Abbruch der alten Familienkapelle und dem Anbau einer neuen Kapelle am Anfang des 17. Jahrhunderts an andere Stellen innerhalb der Kirche verlegt.
Bis vor kurzem waren vier Grabsteine der Mitglieder der Grafenfamilie bekannt (einschließlich der Ehefrauen). Im Sommer 2012 entdeckte man im Rahmen der Sanierung der Pfeiler zwischen dem Nord- und dem Hauptschiff der Pfarrkirche in Pezinok drei Fragmente einer Grabplatte aus rotem Stein. Nach Säuberung des ersten Fragmentes ist ein Teil der Inschrift, vermutlich mit dem Namen der verstorbenen Frau (…a Ursula…), zum Vorschein gekommen. Das zweite Fragment zeigte sich als entscheidend für die Identifikation des Besitzers dieses Grabsteins: man sieht daran einen Teil von einem Reliefwappen mit sechszackigem Stern, der das Wappenzeichen der Grafen von Svätý Jur und Pezinok darstellt. Das letzte Element – Reliefdarstellung eines Sterns im Schild – ergänzt das vorangehende.
Beim Datieren der Fragmente half eine paläographische Analyse der Schrift. Es handelt sich um eine spezifische Form der spätgotischen Minuskel, die im mitteleuropäischen Raum irgendwann nach dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts erscheint. Aufgrund dessen könnte man die zerschlagene Platte in die 1450er – 1460er Jahre datieren. Die Fragmente des Epitaphs sind aus dunkelrotem Marmor gefertigt, dessen Ursprung in spätmittelalterlichen Steinbrüchen entweder im Gerecse-Gebirge unweit von Esztergom (Gerecsei vörös marvány), oder bei der österreichischen Stadt Adnet in der Nähe von Salzburg gesucht werden könnte.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts wurden im mitteleuropäischen Raum an Grabsteinen meistens lateinische und in niedrigerem Maße auch deutsche Inschriften verwendet. Die Inschrift enthielt Grundinformationen über die bestattete Person – die gesellschaftliche Stellung, Familienangehörigkeit und das Todesdatum. Der fragmentarische Charakter des Fundes aus Pezinok erlaubt uns jedoch nicht, die Sprache der Inschrift zu identifizieren. Der erhaltene Name Ursula könnte die verstorbene Frau bezeichnen, die angesichts des erhaltenen Wappens von dem Pezinok-Zweig der behandelten Grafenfamilie stammte. In Erwägung kommen mehrere weibliche Familienmitglieder mit diesem Namen. Die eindeutige Bestimmung einer konkreten Person wird jedoch erst nach Entdeckung weiterer Fragmente mit Inschriften möglich sein, die als billiges Baumaterial in der Kirche oder in der Nahumgebung von Pezinok verwendet wurden.
Karol Strelec
Renaissancezeitliche und barocke Oblateneisen
In Ritualen der Kirchen-, Familien- und Kalenderbräuche spielte das zeremonielle Gebäck – Oblaten – von je eine wichtige Rolle. Die Herstellung von solchem Gebäck mit Hilfe einer speziellen Vorrichtung – des Oblateneisens (Zangen, Gussformen oder Eisenplatten zum Oblatenbacken) reicht tief ins Mittelalter zurück. Die Entstehung dieses Gebäcks ist eng mit der Entwicklung des Christentums verbunden, mit dem die Geschichte und Kultur der ganzen europäischen Zivilisation zusammenhängen.
Die Handlungen, die mit Vorbereitung und Backen von Oblaten verknüpft sind, haben ihren Ursprung in der Herstellung von Hostien – ungesäuertem liturgischem Brot, das in die liturgischen Zeremonien der lateinischen westchristlichen Kirche eingeführt wurde. Spätestens anfangs des 9. Jahrhunderts erscheinen in Europa auch die Hostieneisen – Vorrichtungen ausschließlich zur Herstellung der Altarhostien, von denen sich parallel auch die anderen Typen von Oblatengebäck entwickelt haben. In slowakischen Museen zählen die Oblateneisen zu den ältesten Belegen der Sachkultur. Die meisten von ihnen werden in Sammlungsbeständen des Slowakischen Nationalmuseums in Martin und des SNM-Historischen Museums in Bratislava aufbewahrt. Die größte und qualitativ wertvollste Kollektion von Oblateneisen befindet sich im Museum der Stadt Bratislava.
Oblateneisen auf dem Gebiet der Slowakei überdauerten einige Jahrhunderte lang in einer fast unveränderten Gestalt. Es handelt sich um eine einfache manuelle Metallvorrichtung von zangenförmiger Gestalt mit langen geraden Handgriffen und zwei entgegengesetzten kreisförmigen, ovalen oder rechteckigen Platten, die durch Hebelwirkung zusammengeführt werden. Auf der Innenseite einer oder der beiden Platten sind dekorative Motive eingraviert, die gewöhnlich aus christlicher Ikonographie schöpfen. Später sind heraldische oder andere weltliche Motive hinzugekommen, die im gesellschaftlichen Leben einzelner Personen oder Korporationen zur Geltung gekommen sind.
Der Autor befasst sich mit renaissancezeitlichen und barocken Oblateneisen, die in slowakischen Museen am meisten vertreten sind. Auf Oblateneisen aus der Renaissancezeit findet man neben religiösen Emblemen vor allem Familien- oder Personenwappen, die oft durch Umschriften mit Namen der Besitzer und Beschreibung deren Stellung ergänzt wurden. Oblateneisen wurden meistens auf Bestellung gefertigt, manchmal auch aus wichtigen Lebens- und Jubiläumsanlässen. In dieser Hinsicht spielten sie eine unübersehbare gesellschaftlich-repräsentative Rolle, vor allem im Umfeld der höheren gesellschaftlichen Kreise oder der kirchlichen Hierarchie.
Michaela Haviarová – Daniela Pellová
Der Kumšt in Prešov
Das Gebäude des städtischen Wasserwerks in Prešov, das allgemein als Kumšt bekannt ist, befindet sich im Zentrum des städtebaulichen Denkmalschutzgebietes, am nordwestlichen Ende eines linsenförmigen Platzes, in der Straße Ku Kumštu (Zum Kumšt). Die architektonisch-historische Untersuchung am Ende des Jahres 2013 zusammen mit einer Archivforschung brachten neue Informationen, dank denen wir den Wasserturm als einzigartig im Rahmen Mitteleuropas bezeichnen können.
Während seiner Geschichte erfüllte Kumšt drei wichtige Funktionen – er diente als Wehrbastei, Wasserturm und Jüdisches Museum. Das Recht, eigene Stadtbefestigung zu bauen, wurde Prešov vom König Ludwig I. in einer Urkunde vom 1. Mai 1374 erteilt. Die umfangreichen Arbeiten an der Befestigung der Stadt verliefen von 1435 bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts. Damals diente der Turm des Kumšt als einer der Türme des städtischen Wehrsystems. Aus dieser Zeit erhielt sich im Souterrain das älteste Mauerwerk mit einer Schießscharte.
Zum Bau einer einfachen Wasserleitung und eines Systems von Kanälen kam es in Prešov in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. In Archivdokumenten ist die technische Vorrichtung zur Wasserverteilung in der Mitte des 16. Jahrhunderts belegt. Erwähnt wird sie in ursprünglicher deutscher Fassung – Wasser Kunst, von der durch Domestizierung die Benennung Kumšt entstand, die bis heute verwendet wird. Die Technologie des mechanischen Pumpens war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in Gebrauch. In den Jahren 1884 – 1885 wurden Pläne zum Aufbau einer neuen Wasserleitung und elektrischen Straßenbeleuchtung ausgearbeitet. Der ursprüngliche Wasserturm wurde im Jahre 1907 durch einen neuen Hochbehälter ersetzt. Das Gebäude des Kumšt und die Vorrichtung darin hörten auf, ihre Funktion zu erfüllen.
Im Jahre 1928 eröffnete man in Prešov das Jüdische Museum (das erste in der Slowakei) und die Stadt hat im Januar 1930 entschieden, dem Verein des Jüdischen Museums das ungenutzte Gebäude des Kumšt zur Verfügung zu stellen. Der Gründer des Museums, Bauingenieur Eugen Bárkány, entwarf einen neuen östlichen Anbau und den Umbau des Turms mit einem großen zentralen Raum mit Balkendecke, an der man heute noch eine hebräische Inschrift lesen kann. Im September 1940 wurde die Tätigkeit von allen jüdischen Vereinen gesperrt, doch die Exponate haben die Räumlichkeiten des Museums nicht verlassen. Im Jahre 1945 hat die Stadt der Jüdischen Kirchengemeinde den Mietvertrag aufgekündigt (die Sammlungen wurden ins Staatliche jüdische Museum in Prag überführt und kehrten nach Prešov erst im Jahre 1993 zurück, als die Tätigkeit des Jüdischen Museums im Gebäude der Synagoge in der Jarková-Straße erneuert wurde) und Kumšt wurde zum Sitz des neu entstandenen Stadtmuseums. Gegenwärtig verwaltet ihn das Regionale Museum in Prešov.
Viera Obuchová
Ehemaliges Kurbad beim Eisenbründel in Bratislava
Das verfallene Gebäude des ehemaligen Kurbades, später Hotels mit Restaurant bei Železná studnička (Eisenbründel) im Bratislavaer Waldpark, befand sich im oberen Teil von Mlynská dolina (Mühltal), wo in Archivquellen bereits seit dem 14. Jahrhundert Mühlen erwähnt werden. Sie wurden am Vydrica-Bach gebaut und es gab neun von ihnen, wie es ein Plan vom Jahre 1734 belegt. Die neunte Mühle befand sich in der Gegend des heutigen Ortes Železná studnička und da die Mühlen schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihre ursprüngliche Funktion verloren, wurden viele von ihnen in Ausflugsstellen umgewandelt.
Das eisenhaltige Bergwasser bei der Stadtquelle Železná studnička begann seit den 1820er Jahren zum Unternehmen im Kurbadwesen ausgenutzt zu werden. Zuerst baute man hier ein kleines Holzbad, später ein gemauertes Badhaus, das der Öffentlichkeit im Jahre 1830 zugänglich gemacht wurde. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts erhielt sich im Archiv der Stadt Bratislava die Ortslage des Badhauses beim Eisenbründel. Im Areal des ehemaligen Badhauses befinden sich bis heute zwei Grenzsteine – einer mit der Jahreszahl 1833 und dem Stadtwappen von Bratislava, der andere ohne Datierung oder irgendwelche andere Kennzeichnung. Beide sind auch auf dem obenerwähnten Plan aufgezeichnet, doch an anderen Stellen als sie heute zu finden sind. Der Wein- und der Eiskeller, ebenfalls auf dem Plan aufgezeichnet, sind bis heute im Hang erhalten. Benutzt wurden sie seit 1844 von dem Besitzer der Gaststätte im Badhaus, dem Bratislavaer Weingroßhändler Jakub Palugyay. Er lagerte hier Wein und den Champagner Jaquesson, der vor allem bei ungarischen Aristokraten und Landtagabgeordneten beliebt war, die hier zusammengetroffen haben.
Am 6. Juni 1904 hat die Stadt den ganzen Eisenbründel der Familie Forray für 42 tausend Kronen abgekauft. An mehreren Ansichtskarten aus dem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sieht man das Badhaus mit der Aufschrift Ferdinandsbad (auf Deutsch und Ungarisch), aber auch einen hölzernen verglasten Pavillon mit Spitzdach, wo die Besucher im Sommer bei den Tischen auf der Terrasse auch abends sitzen konnten, da der Raum durch mehrere Außenlampen beleuchtet war; die Treppe zum Pavillon ist heute noch erhalten. Seit 1909 konnte man Železná studnička nicht nur mit Fiakern und zu Fuß, sondern auch mit Obussen erreichen. Dieser Verkehr war jedoch nur bis Anfang 1915 in Betrieb, als während des Ersten Weltkriegs die Weidritzer elektrische Autobahn eingestellt, die Aktiengesellschaft aufgelöst und das Personal in die Armee gerufen wurde. Im Jahre 1938 wurde das Badhaus rekonstruiert, in den 1960er Jahren war das Gebäude jedoch schon dermaßen verfallen, dass es 1970 abgerissen sein musste.
Drahomír Velička
Untergegangene Holzkirchen in Kysuce
In der Region Kysuce (Kischütz), vor allem in ihrem oberen Teil, sind 19 Holzkirchen an 16 Orten urkundlich belegt. Im unteren Kysuce befanden sich nur vier Holzkirchen, und zwar in Horný Vadičov, Lutiše, Ochodnica und Nesluša. Bis heute blieb leider keine von ihnen erhalten, sie wurden meistens durch gemauerte Bauten ersetzt.
Die Kysucer Holzkirchen waren im Allgemeinen einfache Sakralbauten, gewöhnlich aus Tannenholz gebaut. Von den anderen Bauten im Dorf unterschieden sie sich lediglich durch größere Ausmaße (ihre Länge schwankte zwischen 15 und 20 m, die Breite zwischen 6 und 11 m), beziehungsweise durch einen Turm, falls solcher vorhanden war. Am Anfang hatten diese Kirchen jedoch keinen Turm und er wurde erst später gebaut. Die Funktion des fehlenden Kirchenturmes erfüllte oft ein Glockenturm, der in der Nähe der Kirche stand. Die Kirchen waren mit Schindeldach bedeckt, in einigen Fällen waren auch die Wände dieser Bauten mit Schindeln verkleidet. Die Kysucer Holzkirchen wurden meistens in Eile gebaut, deswegen brauchten sie oft repariert zu werden. Dies weckt den Eindruck eines Provisoriums, bis das steinerne Gebäude gebaut wurde. Eine Ausnahme repräsentierte die Holzkirche in Stará Bystrica, deren Qualitätsausführung in schriftlichen Quellen mehrmals betont wird.
Holzkirchen dienten den geistlichen Bedürfnissen der Gläubigen mehr als ein halbes Jahrhundert lang (Zákopčie, Nová Bystrica, Turzovka – die erste Hozkirche, Skalité – die zweite Holzkirche) oder auch länger (Krásno, Čadca, Stará Bystrica, Lutiše, Riečnica – die Holzkirche u. a.). Nur wenige Gemeinden konnten früher eine Steinkirche bauen (Oščadnica, Horný Vadičov und Nesluša) und nur zwei Kysucer Gemeinden, wo die Pfarrei bis Ende des 18. Jahrhunderts errichtet wurde, hatten überhaupt keine Holzkirche gehabt (Vysoká nad Kysucou und Javorník-Čierne, heute Makov).
Bis heute blieben nur einige Fragmente des inneren Mobiliars der Holzkirchen erhalten, wie z. B. Statuen, Kreuze, Glocken usw. Zu den wertvollsten Exemplaren gehören die Madonna aus Krásno nad Kysucou von einem unbekannten Meister vermutlich aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, die im Jahre 1614 gegossene Renaissanceglocke aus Turzovka oder das Barockgemälde und die Armleuchter in Riečnica.
Kristína Zvedelová – Marián Samuel
Fragmente eines frühgotischen Portals aus der Kirche in Kláštor pod Znievom
Der Artikel präsentiert die Analyse von vier architektonischen Gliedern aus dem untergegangenen frühgotischen Portal der Pfarrkirche Hl. Nikolaus in Kláštor pod Znievom. Die Kirche wurde in den 1260er Jahren gebaut (im Jahre 1268 erwähnt man die Pfarrei), parallel oder in unmittelbarem Anschluss auf die Erbauung der Prämonstratenserkirche der seligen Jungfrau Maria in demselben Dorf. Drei Glieder fand man verworfen hinter dem Zaun im Areal der Kirche, das vierte wurde beim Abtragen der Putze in der Südwand des Kirchenschiffs freigelegt. Die Steinglieder repräsentieren Überreste der Portalleibung, deren Grundprofilierung ein deutlicher rechteckiger Rücksprung mit eingesetzter runder Säule darstellt. Das unterste Glied besitzt einen konischen, ringförmig beendeten Fuß mit kleiner Andeutung einer Eckknolle.
Die freigelegten Glieder stammen vermutlich aus dem untergegangenen südlichen Portal der Kirche, von dem nur eine Interieurnische mit Segmentbogen und leicht abgeschrägter Leibung mit Aussparung für eine Holzstütze erhalten blieb. Von draußen aus wurde der Eingang umgemauert, vor allem im oberen Teil, was die Identifikation seines Abschlusses unmöglich macht. Aus derselben Zeit stammt auch das Fragment in der östlichen Leibung des Portals vom Heiligtum in die Sakristei der Kirche. Beim Abtragen der Putze im Jahre 2012 wurde die ganze Steinmasse des Portals freigelegt, die bis jetzt teilweise mit grobem Putz bedeckt ist. Der Putz hat den Steinblock mit sägeförmigem Rand und Reliefverzierung völlig überdeckt. Ein in gleicher Weise gezahnter Rand der Leibung befindet sich in der bildhauerischen Ausführung des Pastophoriums aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in der obenerwähnten Klosterkirche. Ihre Steinmetzverzierung wurde von älteren Kunstwissenschaftlern als Residuum der burgundisch-zisterziensischen gotischen Tradition analysiert. Neuere Forschungen ordnen sie dem sog. Polygonalstil zu, der seine Vorlagen in niederösterreichischen und südmährischen gotischen Bauten findet.
Zuzana Zvarová – Tomáš Janura – Miroslav Matejka
Das Herrenhaus in Malinovo – Umwandlungen der Burg
Die Burg in Malinovo (früher Eberhard) gehörte zusammen mit den Burgen in Pezinok, Svätý Jur und Šintava in eine Gruppe von vier westslowakischen Burgen, die während des Mittelalters in den Besitz der reichen Grafenfamilie von Svätý Jur und Pezinok gelangten. Diese war ursprünglich die kleinste von ihnen und im Laufe der Jahrhunderte wurde sie allmählich in ein Herrenhaus umgewandelt. Die architektonisch-historische Forschung hat festgestellt, dass der älteste Teil der Burg in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstand. Seit der Neuzeit ist die Masse der Burg angewachsen und verwandelte sich in ein Herrenhaus. Deutliche Spuren auf der Gestalt der Burg hinterließ in den 1660er Jahren der Erzbischof von Esztergom, Georg Szelepchényi. Den letzten Umbau in ein modernes klassizistisches Herrenhaus realisierten nach dem Jahre 1820 Graf Georg Apponyi und seine Frau, Gräfin Anna Zichy. Für den ältesten Teil des Herrenhauses hält die Forschung eine Mauer im Mittelteil der Südwand des Südflügels, die in die Jahre 1353 – 1390 datiert ist. Vermutlich diente sie als mittelalterliche Wehrmauer und hypothetisch kann man hier auch den ursprünglichen Eingang in die Burg in Betracht ziehen. Eine Beschreibung vom Jahre 1420 charakterisiert die Burg in Malinovo als weniger mächtig im Vergleich zu den Burgen von Pezinok oder Svätý Jur – die Festung war kleiner und hatte keine Wehrmauer herum. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde der südliche Teil der Anlage nach Osten erweitert und das ebenerdige Gebäude wurde gleichzeitig um ein weiteres oberirdisches Stockwerk erhöht.
Einen wesentlichen Umbau der Burg belegt das Wappen von Erzbischof Szelepchényi vom Jahre 1677 und ein Relief der Jungfrau Maria – Helferin vom Jahre 1680. Zu dieser Zeit wurde auch eine Kapelle mit oktogonalem Heiligtum gebaut. Die erhaltenen Details (z. B. ein frühbarocker Maskaron) zeugen von hoher Qualität der beteiligten, vermutlich italienischen Meister. Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts verbinden wir mit einem radikalen Umbau der Burg mit deutlichen Renaissance-Elementen in einen „modernen“ Wohnsitz des Aristokraten Georg Apponyi, der die Burg als seine Sommerresidenz zu verwenden begann. In dieser Etappe wurden mehrere Flügel des Gebäudes umgebaut und aufgestockt und neue Fenster, Treppen und ein neuer Dachstuhl nach den Regeln der klassizistischen Architektur des ersten Viertels des 19. Jahrhunderts eingebaut. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwarb das Herrenhaus deutliche stilistische Merkmale des Eklektizismus, vielleicht auch dank dem Baumeister Ignaz Feigler d. J. aus unweitem Bratislava.
Die letzten Besitzer verließen das Herrenhaus im Jahre 1921 und die Einrichtung wurde teilweise weggefahren und teilweise auseinandergebaut oder zerstört. Das Herrenhaus, der Wirtschaftshof und ein Teil der Grundstücke wurden für die Bedürfnisse des landwirtschaftlichen Schulwesens abgekauft, das hier nach dem Jahre 1945 nicht nur eine Schule, sondern auch ein Studentenwohnheim betrieben hat. Das ungenutzte Herrenhaus befindet sich gegenwärtig im Besitz des Bratislavaer Selbstverwaltungsbezirkes, der seine Rekonstruktion vorbereitet.
Eva S. Kotláriková
Zwei handschriftliche Aufzeichnungen der Lektionen von Vincenzo della Greca
Die Ausbildung von Architekten in Italien verlief bis Anfang des 17. Jahrhunderts in der Art der mittelalterlichen Zunftschulen vorwiegend in Werkstätten der Meister (botteghe). Während des 17. Jahrhunderts begann sie sich allmählich zu institutionalisieren und die Rolle des Garanten der Qualität und „Richtigkeit“ der Stilnormen begannen die Akademien zu übernehmen. Der Beitrag befasst sich mit dem Architekturunterricht an der Accademia di San Luca in Rom in den 1630er Jahren. In Bezug auf diese Schule entdeckte man in Archiven zweier Museumsinstitutionen – des Ostslowakischen Museums in Košice und des Courtauld Institute in London – Originalaufzeichnungen der Lektionen von Vincenzo della Greca. Die Prinzipien des Unterrichts an der römischen Kunstakademie di San Luca, bzw. Accademia del Disegno dei pittori, scultori e architetti di Roma, die in den Akademiestatuten vom Jahre 1617 erhalten sind, berücksichtigen die Dominanz von Malerei und Bildhauerei. Verweise auf den Architekturunterricht beginnen erst in den 1630er Jahren zu erscheinen. Im Jahre 1636 begann an der Akademie der Architekt Vincenzo della Greca zu unterrichten (… di istruire li giovini nel architettura civile e militare). Architektur etablierte sich an der Akademie zum ersten Mal als ein selbständiges Studienfach und ihre Wichtigkeit im Unterricht begann allmählich anzuwachsen.
Vincenzo della Greca wirkte in Rom in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts als Architekt der Engelburg (architetto di Castel Sant’Angelo) und beteiligte sich an wichtigen Fortifikationsprojekten auf Bestellung des Papstes Urban VIII. Im Jahre 1633 erscheint sein Name zum ersten Mal in Dokumenten der Accademia di San Luca. Außer seiner pädagogischen Tätigkeit wurde er am 25. April 1638 zum principe dell’Accademia di San Luca ernannt. Einer seiner ersten Studenten war vermutlich sein Sohn Felice, der später ebenfalls als Architekt wirkte. Derzeit entstand eine weitreichende Produktion von „praktischen Handbüchern“, die technische Grundkenntnisse für die Bedürfnisse der Alltagspraxis der Architekten bieten. Die Aufzeichnungen der Lektionen della Grecas könnten gerade zu diesem Zweck gemacht gewesen sein. Die Lektionen von della Greca blieben in zwei bekannten Aufzeichnungen erhalten – eine befindet sich im Sammlungsbestand des Ostslowakischen Museums in Košice, die andere Version dann im Courtauld Institute in London. Die beiden Traktate sind in handschriftlicher Form erhalten, der Text ist meistens auf der linken Seite geschrieben (verso) und auf der rechten befindet sich dann eine Zeichnung, die den Inhalt des Textes dokumentiert (recto). Das Londoner Manuskript ist zweifelsohne komplexer, die Zeichnungen darin sehen plastisch aus, während diejenigen im Košicer Manuskript nur in der Technik der zweidimensionalen technischen Zeichnung ausgeführt sind.
Die Bestimmung der Autorschaft ist nicht eindeutig, in den beiden Fällen werden nämlich wenigstens zwei Autoren vorausgesetzt. Einer von ihnen ist Vincenzo della Greca selbst, der auf den ersten Seiten unterschrieben ist und höchstwahrscheinlich auch die Illustrationen anfertigte, wovon seine Schrift bei deren Beschreibung zeugt. Als den zweiten Autor des Londoner Manuskripts betrachtet Anthony Blunt den flämischen Priester Grimald de Nuvelara, der ein Student von Vincenzo della Greca war und im Jahre 1638 und später als Kanoniker in der Kirche Saint-Jean in Liège gewirkt hat.
Jiří Kubáček
Die Zahnradbahn Tisovec – Pohronská Polhora
Die zunehmende wirtschaftliche Bedeutung des Eisenbahnverkehrs im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts hat den Bedarf an Ergänzung der Hauptstrecken durch ein dichtes Netz lokaler Eisenbahnen ausgelöst. Die neuen Strecken haben das Terrain durch schärfere Kurven und Steigungen überwunden und aus diesem Grund kamen hier die Zahnradbahnen zur Geltung. Zu ihnen gehörte auch der Abschnitt Bánovo – Pohronská Polhora der Lokalbahn Podbrezová – Tisovec, der im Jahre 1896 wegen der Verbindung zwischen den Eisenhütten in Tisovec, Podbrezová und Hronec in Betrieb gesetzt wurde. Ein großes Naturhindernis auf der Strecke repräsentierte das Massiv des Slowakischen Erzgebirges. Deswegen wurde hier in zwei Abschnitten eine Zahnstange auf die Schwellen befestigt. Die Bahn hat einen Höhenunterschied von bis zu 166 m überwunden, auf der Strecke gab es zwei große Viadukte und mehrere kürzere Brücken und Stützmauern.
Auf der Zahnradbahn Tisovec – Pohronská Polhora waren vier Zahnraddampflokomotiven in Betrieb, die in der österreichischen Lokomotivfabrik Florisdorf in den Jahren 1896 und 1900 hergestellt wurden. Die Zahnradbahn diente sowohl dem Personen- als auch dem Frachtverkehr. Die Hauptartikel waren Kohle, Roh- und Fertigeisen, Bau- und Brennholz. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Zahnradlokomotiven nach Ungarn weggeschleppt und den Betrieb sicherte eine ähnliche Maschine von der tschechischen Zahnradbahn Tanvald – Kořenov. Im Mai 1933 wurden die Zahnraddampfzüge durch Adhäsionstriebwagen ersetzt, was die Fahrt zwischen Bánov und Pohronská Polhora deutlich verkürzt hat.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Verkehr in diesem Abschnitt durch die Auseinandersetzungen zwischen Partisanen und der Wehrmacht gestört, die in der Nacht vom 27. zum 28. Januar 1945 bei ihrem Rückzug den großen Viadukt Pod Dielom zerstörte. Dieser wurde dann nach der Befreiung durch ein hölzernes Provisorium ersetzt. Sein immer schlechterer Zustand hat jedoch verursacht, dass am 22. Juli 1955 auf der Zahnradbahn zuerst der Frachtverkehr und am 11. August 1958 dann auch der Personenverkehr komplett eingestellt wurden. Während der 1960er Jahre hat man die verbleibenden Dampflokomotiven liquidiert.
Anfangs der 1990er Jahre gehörte die Zahnradbahn in Tisovec zu den letzten drei existierenden Zahnradbahnen mit normaler Spurweite (d. h. 1 435 mm) in Europa und zu den fünf letzten auf der ganzen Welt. Einer Gruppe von Enthusiasten von den Eisenbahnen der Slowakischen Republik gelang es, zwei rumänische, mit den ursprünglichen Maschinen identische Zahnraddampflokomotiven zu gewinnen und nach Bratislava hinzufahren. Und nachdem das Kulturministerium der Slowakischen Republik die Strecke Tisovec – Pohronská Polhora zum nationalen Kulturdenkmal erklärte, endete im Jahre 2013 die langjährige Freiwilligenarbeit an Reparaturen der Lokomotiven mit dem Start des touristischen Betriebs und der Errichtung eines Zahnradbahnmuseums.