Zdeněk Farkaš
Die ersten Bewohner unseres
Landes
Die Altsteinzeit zusammen mit der nachfolgenden
Mittelsteinzeit repräsentieren die längste Periode der Menschheitsgeschichte. In
der Slowakei bedeutet es den Zeitabschnitt ungefähr zwischen 500.000 und 5.600
v. u. Z. Im dessen Verlauf hat sich innerhalb des Tierreichs die Gattung Homo
ausgegliedert und zuletzt ihre gegenwärtige Gestalt erreicht (Homo sapiens
sapiens). Das genaue Datum, an dem der Mensch, oder besser gesagt sein Vorgänger
zum ersten Mal den slowakischen Boden betreten hatte, werden wir wahrscheinlich
nie erfahren. Auf Grund der verfügbaren, bisher sehr bescheidenen
archäologischen Funde ereignete sich dies etwa vor einer halben Million Jahren,
irgendwo während einer warmen Klimaschwankung der Mindel-Kaltzeit, bzw. in der
nachfolgenden Warmzeit. Die ersten „Entdecker“ und danach auch Bewohner der
Slowakei waren wohl kleine Gruppen von Jägern und Sammlern der Art Homo erectus,
die hier bei ihrer Nahrungssuche angelangt sind.
Viel mehr an Denkmälern
hinterließ in der Slowakei der Neanderthaler (Homo sapiens neanderthalensis).
Außer Steingeräten, die oft in der Umgebung von Mineralquellen konzentriert
sind, handelt es sich auch um die Skelettüberreste aus Gánovce und Šaľa. Das
nachfolgende Jungpaläolithikum war bereits mit dem heutigen Menschentyp (Homo
sapiens sapiens) verbunden, der eine neue Herstellungstechnik von Steingeräten
auf unser Gebiet mitgebracht hat – Abspalten von langen schmalen Klingen mit
parallelen Schneiden aus zu diesem Zweck vorbereiteten Kernsteinen. Damals
erschienen in der Slowakei auch die ersten Wohnbauten, bestehend aus einem
Zeltdach gestützt auf dünne Baumstämme und Äste und bedeckt mit Grasnarbe, Rasen
und Fellen von großen Tieren (z. B. Košice, Ortsteil Barca). Der größte
Aufschwung der jungpaläolithischen Zivilisation in unserem Land bindet sich an
die Schöpfer der sog. Gravettien-Kultur, die etwa in der Zeit zwischen 26.000
und 18.000 v. u. Z. allmählich das ganze Gebiet der Slowakei besiedelt haben,
vielleicht mit Ausnahme von hohen Gebirgen. In diese Periode gehört auch der
bisher schönste und berühmteste Beleg der vorzeitlichen bildenden Kunst in
unserem Land, eine nur 7,6 cm hohe Frauenfigur geschnitzt aus Mammutknochen, die
in der zweiten Hälfte der 1930er in Moravany nad Váhom gefunden
wurde.
Zdeněk Farkaš
Der Sieg der neolithischen
Zivilisation
Die Jungsteinzeit wird oft für einen der wichtigsten
Wendepunkte in der Menschheitsgeschichte gehalten. Dauerhafte Erwärmung und die
damit verbundenen Wandlungen in der Naturumwelt nach dem Ausklang der letzten
Eiszeit ermöglichten dem Menschen an einigen Orten der Welt, vor allem an denen
mit günstigen Bedingungen, einen allmählichen Übergang zur produktiven
Wirtschaft beruhend auf zielbewusstem Anbau von geeigneten Pflanzen und auf der
Zucht von domestizierten Tieren.
Die ersten Bauer kamen auf slowakisches
Gebiet aus dem südöstlichen Teil Europas und in der Zeit zwischen 5.600 und
4.300 v. u. Z. haben sie hier auch dank dem ziemlich gegliederten Relief unseres
Landes eine ganze Reihe von Kulturen und Kulturgruppen herausgebildet (so werden
die vorzeitlichen Kommunitäten von Archäologen genannt, denn sie kennen nicht
ihre Sprachen und wissen auch nicht, wie sie sich selbst benannt haben). Diese
unterschieden sich voneinander vor allem durch die Gestaltung und Verzierung von
Keramik, die zu den zahlreichsten archäologischen Funden gehört und zugleich am
schnellsten dem wandelnden Zeitgeschmack unterlag. Die Menschen der
Jungsteinzeit haben als Bauer für ihre Siedlungen fruchtbare Böden der
Tiefebenen und leicht gewellten Hügellandschaften in der Nähe der Wasserläufe
gewählt. Besonders in der Westslowakei bestanden die Siedlungen meistens aus
einigen großen oberirdischen Häusern mit hölzerner Pfostenkonstruktion, auf
welcher das Satteldach beruhte. Deren Wände waren mit einer Isolationsschicht
aus Lehmputz bestrichen. Auf der Silická Ebene, doch auch woanders haben jedoch
die Menschen zur Zeit der Bükker Kultur, deren Gefäße zu den Höhepunkten der
prähistorischen Töpferei bei uns gehören, auch zahlreiche Höhlen bewohnt (z. B.
Domica bei Kečovo). In der Jungsteinzeit kann man auch die Wurzeln von vielen
technischen Erfindungen suchen – z. B. von den Getreidesicheln mit steinerner
Schneide, den Steinbeilen zum Fällen der Bäume und Holzbearbeitung sowie von den
durchbohrten steinernen Hammeräxten. Mit der geistlichen Entwicklung der
Gesellschaft kann man dann den immer stabiler werdenden Grabritus verbinden, der
auf den Glauben ans Leben nach dem Tode hindeutet, oder auch die Gegenstände aus
dem Bereich der bildenden Kunst verbunden mit dem Glauben an eine höhere Macht.
Dazu gehören vielleicht auch die massiven Kreisanlagen aus Holz und Erde, sog.
Rondelle, bekannt z. B. aus Svodín, Bučany oder Ružindol.
Zdeněk Farkaš
Kulturen des
Äneolithikums
Zu den wichtigsten Merkmalen der Spätsteinzeit, die
man in der Slowakei in die Zeit zwischen 4.300 und 2.300/2.000 v. u. Z.
einordnen kann, gehört die Verbreitung der ersten Metallerzeugnisse aus Kupfer,
Gold und Silber. Die letzteren zwei Metalle haben sich wegen ihrem relativ
seltenen Vorkommen, edlem Aussehen und Weichheit vor allem als Rohstoff für
damals noch sehr seltene Schmuckstücke und Prestige- oder Kultgegenstände
durchgesetzt. Kupfer war jedoch auch für die beinahe serienmäßige Produktion von
Geräten und Waffen verwendbar.
Seit Anfang des Äneolithikums registriert man
aber auch zunehmende Belege der ersten „Mechanisierung“ der Landwirtschaft mit
Verwendung von einfachem Pfluggerät – Holzhaken oder Arl. Der wurde meistens
durch die Zugkraft von eingejochten Tieren in Bewegung gesetzt, vor allem
Rindvieh. Rindtiere wurden anfangs auch in schwere ein- oder zweiachsige Wagen
mit Ganzholzrädern eingespannt. Tonmodelle von solchen Wagen stammen z. B. aus
Radošina und Pezinok in der Westslowakei, eine kupferne Statuette von
eingejochtem Stier dann aus der Liskovská Höhle bei Ružomberok.
In der
Spätsteinzeit hat sich unter dem Einfluss der Metallurgieentwicklung, belegt auf
unserem Gebiet durch die Fragmente von Schmelztiegeln (Bratislava, Burg Devín,
Biely Kostol, Slepčany), Ofensauen (Suchá nad Parnou, Senica, Slovenské Pravno)
oder Überreste von Hüttenanlagen (Bratislava, Ortsteil Dúbravka), auch andere
spezialisierte Handwerktätigkeit entwickelt, z. B. Steinverarbeitung, in einigen
Perioden die Töpferei u. ä. Die Suche nach neuen Rohstoffsquellen, aber auch die
Orientierung auf Viehzucht oder die unruhigen Zeiten verursacht durch
Wanderungsbewegungen von verschiedenen Ethnika und anwachsende soziale
Differentiation der Gesellschaft, widerspiegelt auch in unterschiedlicher
Grabausstattung, hatten es zur Folge, dass ein Teil der Bevölkerung in die
Bergregionen der Slowakei umgezogen ist. Hier begannen sich einige
Gemeinschaften befestigte Siedlungen zu bauen, geschützt durch einfache
Wehrmauern und Gräben. Auf Grund der archäologischen Funde kann man annehmen,
dass zu dieser Zeit auch einige slowakische Kupfererzquellen bereits ausgenützt
wurden, vor allem in der Umgebung von Banská Bystrica (Špania
Dolina).
Juraj Bartík
Bronze – das Metall in den
Händen des Menschen
Den Anfang der allgemeinen Ausbreitung von einem
neuen Metall – einer Legierung aus Kupfer und Zinn können wir nicht ganz genau
bestimmen, denn er ist in verschiedenen Gebieten je zu einer anderen Zeit
angetreten. In Mesopotamien und Ägypten sprechen wir über die Bronzezeit bereits
im ausgehenden vierten Jahrtausend v. u. Z., nördlich davon ist sie viel später
erschienen. Während die Träger der minoischen und mykenischen Kultur am Anfang
des 2. Jahrtausends v. u. Z. in einen direkten Kontakt mit der
höchstentwickelten zivilisierten Welt gekommen sind und bereits in der
Bronzezeit die Grenze der Geschichte überschritten, verblieben die nördlicher
gelegenen Gebiete Europas einschließlich Mitteleuropas immer noch in tiefer
Vorzeit. Deren Bewohner lebten meist in kleinen Dorfsiedlungen, die Bauer haben
Feldfrüchte angebaut, die Hirten Haustiere für Eigenbedarf gezüchtet und die
Handwerker vor allem für die Angehörigen ihrer eigenen Kommunität
gearbeitet.
In der Slowakei blieben die Belege der Kupfererzgewinnung in
Špania Dolina in der Niederen Tatra erhalten. Es ist jedoch anzunehmen, dass
Kupfer auch in anderen Regionen gewonnen und verhüttet wurde. In Frage der Art
von Zinngewinnung fehlt es an konkreten Angaben, deswegen nehmen wir nur an,
dass es importiert oder in Form von Zinnstein – Kassiterit aus Bächen gewaschen
wurde. Die Art von Distribution von Kupfer und Bronze in der Bronzezeit ist
durch den Rohstoff in Form von Kuchen, Halsringen, Rippen, Stangenbarren und
Fragmenten angedeutet. Für die Produktion von Bronzegeräten, -waffen und
-schmuck benötigte man Blasdüsen, Schmelztiegel und Gussformen, meistens aus
Stein. Diese Bestandteile vom Metallgusszubehör wurden in die Gräber von einigen
spezialisierten Handwerkern gelegt, die meisten solchen Gegenstände kennen wir
jedoch aus Siedlungen.
Juraj Bartík
Gräberfelder – Siedlungen –
Schatzfunde
Die Slowakei bildete während der Bronzezeit keine
Kultureinheit, die einzelnen Landteile gehörten zu größeren Gebieten, deren
Schwerpunkt außerhalb unseres Landes lag. Die beinahe 1500-jährige
Bestehungsdauer der Bronzezeit und die bergige Oberfläche der heutigen Slowakei
sind die Ursachen einer ungewöhnlich bunten Besiedlung – in Raum und Zeit
„wechselten“ sich hier mindestens 19 Gruppen von Denkmälern ab, bezeichnet mit
einem Hilfstermin als archäologische Kulturen. Die Siedlungsdichte von einzelnen
Regionen wurde offensichtlich durch Naturbedingungen wie Bodenqualität,
Meereshöhe und die damit verbundene Temperatur und Niederschläge
beeinflusst.
Aus archäologischer Sicht teilen wir die bronzezeitlichen
Befunde in Siedlungen und Gräberfelder auf, weniger häufig ist die Gelegenheit,
die Überreste von Produktionsobjekten und verschiedenen religiösen Aktivitäten
zu untersuchen. Mit den letzteren zwei Kategorien verbinden sich oft, doch nicht
immer die Hort- und Einzelfunde. Jede der angeführten Gruppen von Denkmälern
liefert uns wichtige, sich gegenseitig ergänzende Informationen.
Für die
Erkennung der Siedlungsdichte, der Größe von einzelnen Kommunitäten und
Familieneinheiten sowie des Zivilisationsniveaus jeder Periode ist die
Siedlungsforschung wichtig. Es gab die Siedlungen von zentraler und lokaler
Bedeutung mit unterschiedlicher Hierarchie von gegenseitigen Beziehungen. Wir
nehmen an, die Siedlungen und Wohnformen haben sich auf unserem Gebiet
entwickelt und in einigen Perioden radikale Veränderungen erfahren. Aus formaler
Sicht unterscheiden wir in der Bronzezeit offene Siedlungen (ohne Wehranlage)
und geschützte Burgwälle oder befestigte Siedlungen. Ganz am Rande stehen die
jung- und spätbronzezeitlichen Höhlenfunde. Wichtige Erkenntnisse über die
körperliche Verfassung der Träger der bronzezeitlichen Kulturen, über deren
gesellschaftliche Stratifikation, Wirtschaft, Niveau der Sachkultur, Kleidung
und nicht zuletzt über die religiösen Vorstellungen der Bevölkerung liefern uns
die Gräberfelder. In der Altbronzezeit praktizierte man vor allem
Körperbestattung, später hat sich immer mehr der Brauch durchgesetzt, verbrannte
Überreste in Urnen aufzubewahren. In der Jungbronzezeit hat sich die
Geburtaristokratie mit ihrer Bestattungsweise von anderen
Gesellschaftsmitgliedern abgesondert, indem sie nach dem Tod in massive
Hügelgräber beigesetzt wurde. Von Siedlungen und Gräberfeldern unterscheidet
sich die dritte Gruppe von Quellen – die Depots, mit anderen Worten Hortfunde
oder Schätze. Die Gründe für die Einlegung von Bronze- und ausnahmsweise auch
Gold- oder Keramikdepots in die Erde (oder ins Wasser) waren von
wirtschaftlicher, politischer und religiöser Art. Während der ganzen Bronzezeit
kann man in der Slowakei einen ununterbrochenen Entwicklungsverlauf beobachten.
Obwohl es zu verschiedenen Formen von Migrationen und zur Beeinflussung aus
anderen Regionen gekommen ist, wurde die biologische Kontinuität nicht
unterbrochen. Der Antritt der „neuen Eisenzeit“ hat sich in der Ankunft der
nomadischen Stämme aus nördlichem Schwarzmeergebiet ausgewirkt, als auch in
anwachsender Bedeutung der Eisenmetallurgie.
Radoslav Čambal
Hallstattzeitliche
Kulturen
Die ältere Eisenzeit – Hallstattzeit geht von der Tradition
der Jung- und Spätbronzezeit aus. Die Hallstattperiode bekam ihren Namen nach
der gleichnamigen archäologischen Fundstelle in Oberösterreich. Die
Hallstattzeit können wir als eine Periode von Bewältigung der Eisenproduktion
und -verarbeitung bezeichnen, in der die bis dahin allgemein gebrauchte Bronze
durch Eisen ersetzt wurde. Die Früh- und Mittelperiode der älteren Eisenzeit ist
durch eine hochentwickelte Ackerbaukultur charakteristisch.
Typisch für die
Kalenderberg-Kultur (750 – 600/550 v. u. Z.) waren ausgedehnte
Tieflandsiedlungen und Machtzentren in Form von befestigten Burgwällen in den
Kleinkarpaten. In Hügelgräbern wurden die „Fürsten“ bzw. die damalige
Gesellschaftselite bestattet. Zusammen mit eingeäscherten Überresten der
Verstorbenen befand sich dort je eine Menge an Grabbeigaben in Form von
reichverzierter Keramik. In den Kleinkarpaten entstehen neue Macht- und
politische Zentren mit hochentwickeltem Wirtschafts- und Kultleben, z. B. der
Burgwall Molpír bei Smolenice, Devín (Burghügel) oder der Bratislavaer
Burghügel. Man findet hier Schmuck, Teile der Kriegerausrüstung und -bewaffnung.
Einzigartig ist die Knochenplatte verziert mit Hindinnengestalten aus Pusté
Úľany, erinnernd an die sog. Situlenkunst, die man aus dem Alpengebiet
kennt.
Die Nord- und Mittelslowakei waren in der älteren Eisenzeit von den
Trägern der Lausitzer Kultur besiedelt, die hier bereits seit der Bronzezeit
gelebt haben. Für die ältere Eisenzeit wurde die sog. Orava-Gruppe der Lausitzer
Kultur ausgesondert, mit ihrem Zentrum in den Regionen Orava und Liptau. Wir
kennen sie bloß aus wenigen befestigten Burganlagen und aus Brandgräberfeldern.
Die Lausitzer Kultur war durch die Zentren mit hochentwickelter Metallurgie
bekannt. Zu wichtigen Funden gehören die Bronzegegenstände aus Istebné-Hrádok.
Von den bekanntesten Fundstellen nennen wir die Siedlungen Vyšný Kubín-Ostrá
skala und Vyšný Kubín-Tupá skala, die Brandgräberfelder in Oravský Podzámok,
Dolný Kubín und Vyšný Kubín. Die Lausitzer Fundorte der älteren Eisenzeit in der
Westslowakei sind durch die Siedlung in Pobedim und das Brandgräberfeld in
Vrádište repräsentiert.
In der Ostslowakei war in der älteren Eisenzeit die
sog. Kuštanovicer Kultur verbreitet, die auf der Basis der späten Gáva-Kultur
und teilweise auch der späten Kyjatice-Kultur entstanden ist. Die
Tieflandsiedlungen konzentrierten sich vor allem entlang der Wasserläufe Bodrog,
Topľa, Hornád und Torysa. Als Machtzentren galten die befestigten
Höhensiedlungen, z. B. diejenige auf dem Berg Stráža bei Obišovce, weiter
Hradová hura in Šarišské Sokolovce oder Somotorská hora in Somotor. Die
Gräberfelder der älteren Eisenzeit findet man in Vojnatina, Kráľovský Chlmec,
Zemplínske Kopčany und es gehört dazu auch das Gräberfeld mit einzigartigen
Funden in Ždaňa. Bekannt sind die Hortfunde von bronzenen und eisernen Geräten
und Waffen aus Nižná Myšľa, Jasov und Terňa. Die hallstattzeitlichen Menschen
lebten vor allem von Landwirtschaft, Viehzucht und Jagd. Von den Handwerken
seien Schmiedehandwerk, Metallguss, Weberei sowie die Holz- und
Knochenverarbeitung und selbstverständlich Töpferei genannt.
Die
Bauernkulturen der älteren Eisenzeit (Kalenderberg-Kultur) schwinden in der
Mitte des 6. Jahrhunderts v. u. Z. nach dem Einbruch der nomadischen Ethnika
verwandt bzw. verbunden mit den Skythen, die aus dem Osten her in die westlichen
Teile des Karpatenbeckens und auf das ganze Theißgebiet vorgedrungen sind.
Hiesige von ihnen geschaffene Kultur nennen wir Vekerzug. Zu dieser Zeit gehen
die zentralen Burgwälle unter (Smolenice-Molpír). Die deutlichsten Spuren von
der Anwesenheit der Skythen repräsentieren die dreiseitigen Pfeilspitzen, da der
Bogen die Hauptwaffe deren Reiter war, als auch der sog. Tierstil in der Kunst.
Die Nomadengräber aus Chotín, Senec und Modrany fallen in die
Jung/Späthallstattzeit (550 – 400 v. u. Z.).
Igor Bazovský
Die Kelten – Krieger der
Eisenzeit
Seit Ende des 5. Jahrhunderts v. u. Z. beginnen auf unser Gebiet
die Kelten vorzudringen, ein kriegerisches Volk, das innerhalb von einer kurzen
Zeit riesige Gebiete besiedelte, von der Pyrenäenhalbinsel bis zum Schwarzmeer
und von den Britischen Inseln bis zur Poebene. Auf Grund der archäologischen
Funde lag deren Wiege irgendwo zwischen der Seine, der Moldau und den Alpen, im
Gebiet der sog. westlichen Hallstattkultur. Im ausgehenden 6. Jahrhundert ist in
diesem Raum die Macht von lokalen Häuptlingen angewachsen, die sich prachtvolle
Residenzen bauen ließen und in Hügelgräbern bestattet wurden. Durch den Handel
mit dem Süden verschafften sie sich Luxusgüter, mit denen sie ihre
Sonderstellung manifestiert haben. Unter dem Einfluss der importierten
Gegenstände, aber auch der Gedankenwelt der hochentwickelten Mediterranvölker
entsteht im 5. Jahrhundert die Latenekultur, benannt nach der Siedlung La Tene
in der Schweiz. Die ersten Keltengruppen dringen aufs Gebiet der Slowakei rund
um 400 v. u. Z. vor (Stupava, Bučany, Horné Orešany). Zu einem massiveren
Zustrom der Kelten ins Karpatenbecken kommt es in der zweiten Hälfte des 4.
Jahrhunderts. Die Keltengruppen sind entlang der Donau vorangekommen und
besiedelten vor allem die fruchtbaren südlichen Teile der heutigen Slowakei,
während in bergigen Regionen das einheimische Ethnikum überlebte. Bei den Kelten
herrschte anfangs der Brauch der Körperbestattung in gestreckter Lage. In
Männergräbern finden wir meistens Waffen, aber auch Schmuck. Die Frauen trugen
auf ihren Händen Finger- und Armringe aus Bronze, Glas und Sapropelit. Der
metallene Ringschmuck wurde oft auch auf Beinen getragen. In der Schulterpartie
wurde das Gewand durch Bronze- oder Eisenfibeln zusammengeklammert. Die Teille
war mit einem Leder-, Textil- oder Metallgürtel umgeschnallt. Der spezifische
Keltenschmuck war der Halsring. In die Frauen- sowie Männergräber hat man als
Beigabe oft Gefäße gelegt. Selten finden wir dort die Gegenstände aus Knochen
und Bernstein. In Siedlungen dominierten die rechteckigen Erdhütten mit einem
Satteldach gestützt auf zwei Pfosten, situiert inmitten der Kurzseiten.
Den
größten Aufschwung erlebte die keltische Zivilisation im 2. und 1. Jahrhundert
v. u. Z. Es entstehen befestigte Stammeszentren – Oppida (Plavecké Podhradie,
Bratislava). Sie waren nicht nur Zentren der Macht, sondern auch des Handwerks
und Handels. Im 2. Jahrhundert v. u. Z. kommt es zu einem allmählichen
Vordringen von Keltengruppen auch in die nördlicheren Gebiete. Eine der Ursachen
für diesen stark werdenden Drang war auch das Interesse an Eisenerz. Durch die
Vermischung der einheimischen und keltischen Elemente entsteht eine
eigentümliche Kulturäußerung, die von den Archäologen als die „Púchov-Kultur“
bezeichnet wird. Charakteristisch für diese Kultur ist vor allem die Existenz
von befestigten Höhenlagen in der Nähe von Siedlungen, die meistens in
Talmündungen liegen. In einzelnen Regionen der Nordslowakei erscheinen auch
zentrale Burgwälle, z. B. Liptovská Mara in der Liptauer Region oder Jánovce –
Machalovce in der Zips. Eine relativ dünne keltische Besiedlung registriert man
in südlichen Teilen der Ostslowakei, wohin die Kelten im Laufe der ersten Hälfte
des 3. Jahrhunderts v. u. Z. vorgedrungen sind. Das wichtigste Zentrum der
Kelten auf der Ostslowakischen Ebene war der Burgwall in Zemplín. Im 1.
Jahrhundert v. u. Z. gerieten die keltischen Stämme im Karpatenbecken allmählich
unter die Vormacht der Daker.
Vladimír Turčan
An der Grenze zum
Imperium
Nach dem Untergang der keltischen Besiedlung hat sich der
mitteleuropäische Raum den expandierenden Römern eröffnet. Zu deren Ankunft kam
es nach den Kämpfen auf dem Balkan, als die Legionen das südliche Donauufer am
Mittellauf des Flusses erreicht haben. Das erste Mal überhaupt haben die Römer
die heutige Slowakei vermutlich während der Militäroperationen gegen die Daker
betreten, rund um 10 v. u. Z (sog. Inschrift von Tusculum). Einen anderen Beleg
deren Aufenthalts repräsentiert das Fundament eines Turmbaus auf Devín, gebaut
im Zusammenhang mit einer fehlgeschlagenen Aktion gegen den Markomannenkönig
Marbod regierend in Mittelböhmen. Im 1. Jahrhundert u. Z. haben die Römer an der
Donau einen Grenzwall errichtet – Limes Romanus. Hinter diese Linie, nämlich
zwischen die Flüsse March und Waag haben sie die germanischen Kommunitäten aus
Böhmen übersiedelt und an deren Spitze den quadischen Oberhaupt Vannius
gestellt. Nachdem ihn seine eigenen Verwandten beseitigt haben, wurde die
Situation aber komplizierter und die Römer haben erhöhte Aufmerksamkeit dem
militärischen Grenzschutz geschenkt. Die schwersten Kämpfe ereigneten sich in
den Jahren 166 – 180 (sog. Markomannenkriege), als die Germanen bis zum
Mittelitalien vorgedrungen sind. Dem Kaiser Mark Aurel gelang es, die Angreifer
zurück hinter die Donau zu verdrängen und die Operationen aufs Gebiet der
heutigen Slowakei zu verschieben. Damals ist eine Truppe bis zu der Umgebung von
heutiger Stadt Trenčín vorgedrungen. Dieses Ereignis schildert eine Inschrift,
erhalten an der Felsklippe der späteren mittelalterlichen Burg. Der Herrscher
selbst hat an den Kämpfen persönlich nicht teilgenommen, sondern in den
Marschlagern im Grantal ein Teil seines philosophischen Werks Ta eis heauton
(Selbstbetrachtungen) geschrieben. Der Plan, das slowakische Gebiet als die
Provinz Markomannia ins Imperium einzugliedern wurde jedoch wegen seinem
vorzeitigen Tod nicht realisiert. Die Römer haben sich aus den Gebieten nördlich
der Donau zurückgezogen und bauten die Donaugrenze zu Ende.
Die politische
Stabilität beruhend auf einer militärisch kontrollierten Grenze führte zum
Eindringen der antiken Werte ins Barbarikum, vor allem dank dem Handel. Aus
technologischer und gesellschaftlicher Sicht blieben die Germanen jedoch auf
einem vorzeitlichen Niveau. Bis zum Ende ihres Aufenthalts in der Slowakei haben
sie keine Münzen geprägt, sie haben sich die Grundlagen der antiken Baukultur
nicht angeeignet und auch die antiken handwerklichen Kenntnisse nicht
übernommen, obwohl das Germanenmilieu mit zahlreichen Importen wie Keramik (vor
allem Terra sigillata), Bronze- und Silbergefäßen, Schmuck u. ä. versorgt wurde.
Den Romanisierungseinfluss kann man insbesondere bei der einheimischen Elite
beobachten, wie es die Grabfunde bezeugen. Als wichtige Handelszentren kann man
die antiken Bauanlagen in der Südwestslowakei bezeichnen (Stupava,
Bratislava-Dúbravka, Pác bei Trnava, Dolný Kýr). Die Situation im Ost- und
Nordteil des Landes ist im Grunde nur durch archäologische Quellen dokumentiert.
Während die Ostslowakei von germanischen Stämmen besiedelt war, überlebte in der
nördlichen Bergregion bis zu den Markomannenkriegen das Volk der Púchov-Kultur
und die Populationsreste der Kelten. Ein Teil von ihnen wurde später nach
Pannonien übersiedelt.
Die römische Kaiserzeit endete im 4. Jahrhundert,
nachdem durch die untere Donau auf den Boden des Imperiums die Hunnen
vorgedrungen sind.
Vladimír Turčan
An der Schwelle der
slawischen Epoche
Nach vier Jahrhunderten einer unmittelbaren
Berührung des slowakischen Gebietes mit antiker Zivilisation ist die
Völkerwanderungszeit angetreten, in der sich grundsätzliche politische und
ethnische Veränderungen ereignet haben. Die römische militärische Doktrin
zerfiel nach dem Einbruch der Hunnen und der Stämme, die unter deren Druck auf
den Boden des Imperiums vorgedrungen sind. Im Jahre 43 überreichten die Römer
Pannonien den Hunnen und der Großteil der romanisierten Bevölkerung hat sich aus
diesem Raum zurückgezogen. Rom sowie Byzanz haben den Frieden mit Geld erkauft,
wovon auch das Depot von 108 Soliden aus Bíňa im Grantal zeugt.
Die
slowakischen Germanen, geschwächt nach den Kämpfen gegen Rom, verließen
größtenteils ihre Dörfer und haben vermutlich bloß gewisse Siedlungsinseln
gebildet. Die heimischen Traditionen sind vor allem durch die Herstellung von
Keramik schlechter Qualität bezeugt. In demselben Horizont ist jedoch auch
andere, qualitätsvolle Drehscheibenware vorgekommen, erzeugt ebenfalls auf
slowakischem Gebiet (Skalica), aber von den Einwanderern. Die veränderte
Situation hat sich auch auf Gräberfeldern abgespiegelt, wo außer Brand- auch
Körpergräber erscheinen.
Die Hunnen gründeten ein Nomadenreich mit dem Kern
im unteren Theißgebiet, von wo sie ein ausgedehntes Territorium vom Kaukasus her
bis zum Rhein beherrscht haben. Unter deren Macht gerieten auch die Kommunitäten
ansässig in der Südslowakei, während die nördlichen Regionen für sie weniger
attraktiv waren, obwohl auch aus diesem Landteil Funde stammen, die man mit
ihnen verbinden kann (Bojná). Das dichteste Netz von Denkmälern, die man den
Hunnen zuschreiben kann stammt aus der Umgebung von Levice, wo eins von den
peripheren Zentren des Hunnenreiches zu voraussetzen ist. In letzter Zeit wurden
interessante Funde auch in der Umgebung von Trnava (Smolenice) entdeckt.
Nach
der Niederlage der Hunnen auf den Katalaunischen Feldern und nach Attilas Tod
ist das Hunnenreich zerfallen. Die Südwestslowakei wurde vorübergehend
vermutlich von den Herulern und Skiren besetzt. Die einheimischen germanischen
Quaden bildeten nur noch einen unbedeutenden Teil der Bevölkerung der heutigen
Slowakei. In der Ostslowakei ist die ursprüngliche Entwicklung vorangegangen und
die bekannten archäologischen Befunde kann man mit der Tschernjachow-Kultur
identifizieren. An der Wende des 4.-5. Jahrhunderts wurde wieder die
Nordslowakei kolonisiert. Die Regionen Turz, Liptau, Orava und Zips besiedelte
das Volk der sog. nordkarpatischen Gruppe, ethnisch den Vandalen zugeschrieben.
In Poprad-Matejovce entdeckte man die Grabkammer von einem vandalischen Fürst,
einzigartig auch in euroasiatischen Kontexten.
Als der letzte Stamm der
Völkerwanderungszeit sind die Langobarden erschienen und sie haben die Region
Záhorie eingenommen (Bratislava-Devínske jazero, Zohor). Ein ausgedehntes
Gräberfeld von ihnen wurde in Bratislava-Čunovo erforscht. Im Jahre 568 sind sie
jedoch aus Furcht vor den Awaren nach Norditalien umgezogen.
Im Laufe des 5.
Jahrhunderts sind aufs Gebiet der Slowakei die slawischen Stämme vorgedrungen.
Ihre Ethnogenese ereignete sich auf einem ausgedehnten Territorium zwischen den
Flüssen Oder und Weichsel im Westen und Dnepr und Dnister im Osten. Der
Kolonisationsprozess ist in schriftlichen Quellen nicht erfasst worden und somit
sind wir nur auf archäologische Funde angewiesen. Im 6. Jahrhundert ist deren
Anwesenheit jedoch auch in literarischen Aufzeichnungen belegt.
Katarína Tomčíková
Awaren – Slawen –
Magyaren
Das Frühmittelalter repräsentiert eine Zeitspange, die
mehrere bedeutende Etappen unserer Geschichte einschließt. Es ist eine Periode
der slawischen Landnahme, des awarischen Kaganats, des Nitraer Fürstentums, des
Aufschwungs und Niederfalls von Großmähren, bis zu der Periode der Eingliederung
der Slowakei in den multinationalen Ungarischen Staat.
Zur Zeit des
awarischen Kaganats, zu dem auch Südslowakei gehörte, vermutet man ein
Zusammenleben von den Slawen und Awaren. Das Bild von der Lebensweise in dieser
Periode wird uns vor allem durch zahlreiche abgedeckte Gräberfelder, Siedlungen
und Hortfunde von verschiedenartigen Gegenständen geliefert. In nördlicher
gelegenen Gebieten verlief eine kontinuierliche slawische Besiedlung.
Mit dem
Untergang des awarischen Kaganats eröffnete sich für die Slawen der Raum für
eine unabhängige Entwicklung. Schrittweise werden die Keime von späteren Zentren
der Landverwaltung geformt. Bei den Slawen nördlich der Donau entstehen zwei
einander konkurrierende Fürstentümer – das mährische und das Nitraer. Als
Resultat deren Vereinigung am Anfang des 9. Jahrhunderts entsteht Großmähren.
Durch die archäologische Grabung konnte man eine umfangreiche Erbauung von
Burgwällen feststellen. Diese wurden zu Residenzen der herrschenden Oberschicht,
zu religiösen und ökonomischen Zentren und in Kriegszeiten auch zu
Zufluchtsorten für die Bevölkerung. Man registriert auch den Aufschwung von
Handwerkproduktion und Handel. Die meisten Einwohner lebten in Siedlungen und
ihre wichtigste Unterhaltsquellen waren Landwirtschaft, Viehzucht und Jagd.
Gegen Ende des 9. Jahrhunderts kommen ins Karpatenbecken die magyarischen
Stämme. Die Uneinigkeit der Slawen nach dem Tod des Herrschers Sventopluk und
der wachsende Druck der Magyaren bedeuteten den Zerfall Großmährens am Anfang
des 10. Jahrhunderts. Die Magyaren wurden allmählich ansässig und haben ihre
nomadische Lebensweise in eine bäuerliche umgewandelt. Von den großmährischen
Slawen haben sie viele Elemente der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Sphäre
beim Aufbau des Ungarischen Staates übernommen.
Klára Fűryová
Die Sachkultur im
Mittelalter
Einzelne Regionen der heutigen Slowakei haben sich
schrittweise in den Verband des werdenden multinationalen Ungarischen Staates
eingegliedert. Nach der Krönung des Hl. Stephan im Jahre 1000 und Konsolidierung
des Christentums konzentrierte sich die entscheidende politische sowie
wirtschaftliche Macht in den Händen des Herrschers und des Feudaladels. Die
kirchliche Organisation in unserem Land entwickelte sich weiter auf Grundlagen
bestehend seit dem Großmährischen Reich und unter einer erheblichen
Unterstützung des Herrschers erweiterte sie ihre Struktur. Die Basis für die
Prosperität des mittelalterlichen Staatsgebildes beruhte auf Bodenschätzen. Ein
Zeugnis davon liefern die Schachtöfen zur Eisenherstellung aus dem 11. – 12.
Jahrhundert. Die Ritterausrüstung war im 11. Jahrhundert in Europa bereits
ungefähr einheitlich, die Grundgarnitur bestand aus einer Lanze, einem Schwert
und einem Dolch.
Eine wichtige Rolle in der Verbreitung des Christentums und
zugleich der westlichen Kultur spielten die Benediktiner, die seit dem
ausgehenden 10. und während des 11. Jahrhunderts ihre Klöster auch auf unserem
Gebiet gegründet haben, z. B. in Hronský Beňadik oder in Krásna nad Hornádom bei
Košice. In mittelalterlichen Klosterwerkstätten blieben die Handwerke aus der
Zeit der römischen Provinzen erhalten. Nach den Benediktinern kamen weitere
Orden, die das Christentum und die Bildung verbreitet haben. Die Klöster, von
denen zahlreiche auch als vertraubare Plätze (locum credibilium) funktioniert
haben, waren zugleich auch Zentren von hochentwickelter landwirtschaftlicher
Produktion und Handwerken, deren progressive Techniken und Methoden von ihnen
auch in die nähere sowie breitere Umgebung vermittelt wurden.
Diese Aufgabe
wurde seit Ende des 12. Jahrhunderts allmählich durch die werdenden Siedlungen
städtischen Charakters übernommen. Die Handwerke, anfangs eng verbunden mit der
Landwirtschaft, konzentrierten sich in Marktzentren, herrschaftlichen Gehöften
und Vorburgsiedlungen. Viele von diesen Zentren, unterstützt durch monarchische
Privilegien haben sich im Laufe des 13. Jahrhunderts in autonome Städte
verwandelt, die zu Zentren der Handwerkproduktion, des Handels und schrittweise
auch der Bildung wurden. In solch einem Milieu konnte sich die handwerkliche
Produktion immer weiter entwickeln und gleichzeitig spezialisieren.
Titus Kolník
Das germanische Grab aus
Ostrovany
Die Entdeckung einer gut erhaltenen germanischen hölzernen
Grabkammer aus der ausgehenden römischen Kaiserzeit im Jahre 2006 in
Poprad-Matejovce erweckt das aktuelle Bedürfnis nach einer wiederholten
Untersuchung und Bewertung von ähnlichen Befunden aus Ostrovany, Bez. Sabinov
(Ostslowakei). In den Jahren 1790 und 1865 wurden an dieser Fundstelle
bemerkenswerte goldene und silberne Gegenstände aus der römischen Kaiserzeit
entdeckt. In die europäische Fachliteratur traten sie als das vermutliche
Inventar der Fürstengräber I und II aus der Fundstelle mit ungarischem Namen
Ostrópataka ein (der Fundort lag in damaligem Oberungarn). Die Gegenstände aus
dem ersten Befund aus dem Jahre 1790 gelangten nach Wien und bis heute gehören
sie zu den bewunderten Exponaten des Kunsthistorischen Museums, während die
Funde aus dem Jahre 1865 einen wichtigen Teil der Exposition des Ungarischen
Nationalmuseums in Budapest bilden. Die Umstände dieser beiden Befunde waren
seit Anfang nicht klar. Die slowakischen Archäologen haben sich mit ihnen wegen
deren Aufbewahrungsstellen bisher nur marginal beschäftigt (Kolník 1984; 1998;
Novotný 1995).
Die außergewöhnlichen Funde, welche die Erforscher der
römischen Kaiserzeit bereits mehr als zwei Jahrhunderte faszinieren, erweckten
unlängst auch das Interesse von dem jungen ungarischen Archäologen Péter
Prohászka. Im Jahre 2001 begann er sich im Ungarischen Nationalmuseum in
Budapest näher für die schriftlichen Archivquellen zu interessieren, die mit den
erwähnten Funden aus Osztrópataka – Ostrovany zusammenhängen. Er ist zu dem
eindeutigen Schluss gekommen, dass die Funde bezeichnet als Osztrópataka I und
Osztrópataka II aus einem und demselben Grabverband stammen – aus dem Grab eines
Vandalenkönigs aus den Jahren 270 – 290, das auf zweimal entdeckt wurde.
Die
Ergebnisse seiner Forschung hat P. Prohászka zuerst als seine Magisterarbeit an
der Universität von Loránd Eötvös in Budapest verteidigt. Im Jahre 2004 hat er
diese Studie Az osztrópatkai Vandál királysír (Esztergom 2004) in ungarischer
Sprache publiziert. Nachfolgend hat er sie neu bearbeitet und auf Deutsch
publiziert: Das vandalische Königsgrab von Osztrópataka (Ostrovany, SK.)
(Budapest 2006).
Der Verband von goldenen und silbernen Gegenständen aus
Ostrovany gehört zweifellos zu den wichtigsten frühmittelalterlichen Befunden
aus der Slowakei überhaupt. Mit seiner Reichhaltigkeit und Außergewöhnlichkeit
hilft er uns indirekt eine Vorstellung zu bekommen, welche Prachtstücke
ursprünglich in der Ausstattung der ungefähr 100 Jahre jüngeren Grabkammer in
Poprad-Matejovce vor deren Ausraubung sein konnten. Die Funde aus Ostrovany und
neuestens auch das Grab aus Poprad-Matejovce bestätigen und betonen die
Bedeutung des Zipser Korridors aus dem Südosten nach Schlesien an der Neige der
römischen Kaiserzeit. Sie unterstützen gleichzeitig die Vermutung über die
vandalische Stammesangehörigkeit der bedeutenden Mitglieder der königlichen
Oberschicht, die in Ostrovany und in Poprad-Matejovce bestattet wurden.